Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung des Widerrufs eines grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherdarlehensvertrag nach zwölf Jahren Laufzeit und Prolongationsvereinbarung
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.02.2022; Aktenzeichen 2-10 O 255/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 17.02.2022 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main - Aktenzeichen: 2-10 O 255/21 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf EUR 22.294,86 festgesetzt.
I. Wegen des Sach- und Streitstands wird auf die Darstellung im Hinweisbeschluss vom 22.07.2022 (Bl. 144ff. d.A.) sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 76ff. d.A.) verwiesen.
Auf die Hinweise des erkennenden Senats hat der Kläger innerhalb der verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 26.08.2022 (Bl. 159ff. d.A.) Stellung genommen, auf den vollumfänglich verwiesen wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.02.2022 - 2-10 O 255/21 - abzuändern und festzustellen, dass die Klagepartei wegen des Widerrufs vom 10.03.2021 nicht mehr aus dem mit der Beklagtenpartei geschlossenen Darlehensvertrag über 130.000,00 EUR vom 17.03.2009 (Vorgangsnummer: ...) verpflichtet ist, Zinszahlungen und Tilgungsleistungen zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. 1. Das Rechtsmittel des Klägers war gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist aus Gründen der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erforderlich. Zur Begründung wird zunächst vollumfänglich auf den Hinweisbeschluss vom 22.07.2022 (Bl. 144ff. d.A.) verwiesen.
Die Stellungnahme des Klägers, die sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung seiner abweichenden Rechtsauffassung beschränkt, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
In dem Hinweisbeschluss ist erschöpfend ausgeführt, dass und weshalb das Umstandsmoment für die Verwirkung gegeben und weshalb das bloße Bestreiten des Klägers im Hinblick auf das Vertrauen der Beklagten in den Bestand des Darlehensvertrages nicht ausreichend ist. Die Refinanzierung eines Kredits ist bankübliche Praxis und steht entgegen der Auffassung des Klägers einem erzielten Gewinn nicht entgegen.
Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör wurde auch nicht entscheidungserheblich verletzt. Er hat auch im Rahmen der Stellungnahme nicht vorgetragen, dass und weshalb hier ein Vertrauen in den Bestand des Kreditvertrages aufgrund der Prolongation ausnahmsweise nicht entstanden sein soll.
Auch die Richtlinie 2002/65/EG steht der Annahme der Verwirkung nicht entgegen. So hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.10.2019 (XI ZR 759/17 - juris) unter Rn. 19f. Folgendes ausgeführt:
"Der Senat hat mit Urteil vom 3. Juli 2018 (XI ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 10 ff.; bestätigt mit Senatsbeschluss vom 15. Januar 2019 - XI ZR 202/18, WM 2019, 251 Rn. 2; zustimmend Corzelius, EWiR 2018, 673, 674; A. Maier, BKR 2019, 189 f.) eingehend begründet, dass und warum er sich daran gehindert sieht, contra legem eine Regelung anzuwenden, deren Geltung für den Verbraucherdarlehensvertrag der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich gemäß § 312d Abs. 5 BGB in der ab dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (künftig: aF) ausgeschlossen hat. Diese Ausführungen hat der Senat explizit mit dem Hinweis versehen, eine Auslegung des nationalen Rechts dahin, § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB aF statuiere einen Erlöschenstatbestand auch für das vom deutschen Gesetzgeber als vorrangig konzipierte Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB, komme selbst dann nicht in Betracht, wenn der nationale Gesetzgeber damit hinter den Anforderungen der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. L Nr. 271 vom 9. Oktober 2002, S. 16) zurückgeblieben wäre (Senatsurteil vom 3. Juli 2018, aaO, Rn. 12). In diesem Urteil hat der Senat auch ausgeführt, dass eine analoge Anwendung des § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB aF, die der Sache nach auf eine unmittelbare Anwendung unzureichend umgesetzten Richtlinienrechts nach Ablauf der Umsetzungsfrist zulasten des Verbrauchers und zugunsten des darlehensgewährenden Unternehmers hinausliefe, n...