Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen vergleichender Testberichterstattung (hier: Vaterschaftstests)

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Grenzen vergleichender Warentestberichterstattung.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 1004

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.01.2005; Aktenzeichen 2-03 O 85/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 27.1.2005 - 2-03 O 85/04 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, Betreiber eines Labors für genetische Analyse und Anbieter genetischer Vaterschaftstests, wendet sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegen den in Ausgabe 11/03 der Zeitschrift "..." erschienenen Artikel "Auf Spurensuche". Gegenstand dieses von der Beklagten zu 2) verfassten, in der Rubrik "Kinder & Familie" der von der Beklagten zu 1) herausgebenenen Zeitschrift enthaltenen Artikels ist ein Testbericht über Vaterschaftstests.

Zur Durchführung dieses Tests waren 11 - hierüber vorab nicht informierten - Anbietern jeweils Speichelproben zum Vaterschaftstest übersandt worden; während eine Probe Testmaterial eines Vaters und seines neunjährigen Sohnes enthielt, bestand die zweite Probe aus Testmaterial des Chefredakteurs der Beklagten zu 1) und seines jüngeren Bruders. Die Untersuchungsergebnisse wurden im Auftrage der Beklagten zu 1) durch den Betreiber und Laborleiter eines nicht am Test beteiligten Labors ausgewertet und bewertet. Im Ergebnis sind neun von elf Vaterschaftsgutachten der getesteten Anbieter, darunter auch des Klägers, als "ungenügend" eingestuft worden.

Der in "..." erschienene Testbericht stellt zu Beginn des Artikels in einem optisch besonders hervorgehobenen, farblich unterlegten Textfeld die leitsatzartig gefassten "Empfehlungen" der Beklagten besonders heraus; der erste "Leitsatz" lautet:

"Nach unseren Testergebnissen müssen wir ganz klar von privaten Vaterschaftstests ohne das Wissen der Mutter abraten."

Auf der zweiten Seite des Artikels ist ein weiteres, rund ein Drittel der Seite ausfüllendes, wiederum farblich unterlegtes Textfeld mit Bild des Gutachters und der Überschrift "Interview" eingefügt; darin ist unter der Überschrift "Heimliche Vaterschaftstests sind unmoralisch" in Wiedergabe von Fragen und Antworten die Ansicht des Gutachters zum Ausdruck gebracht, dass Labore "sich mindestens an die Anforderungen der Richtlinien der Bundesärztekammer halten" sollten und er "heimliche Tests aus moralischen Gründen" ablehne, denn es gehöre sich "einfach nicht, einen solchen Test ohne das Einverständnis der Betroffenen durchzuführen".

Gegen diese Veröffentlichung wendet sich der Kläger, der darin einen unzulässigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sieht.

Das LG hat seiner Klage stattgegeben, soweit er Unterlassung weiterer Veröffentlichung und Feststellung künftiger Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund der erfolgten Veröffentlichung beansprucht hat; hinsichtlich des auf Veröffentlichung einer Richtigstellung gerichteten weiter gehenden Begehrens hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die erforderliche Neutralität und Objektivität der Tests sei nicht gewährleistet gewesen, denn bei dem von den Beklagten hinzugezogenen Gutachter ... habe sich um einen Konkurrenten der getesteten Anbieter gehandelt, der selbst Vaterschaftstests anbiete. Es komme nicht darauf an, ob die Testergebnisse dennoch zutreffend seien; es reiche aus, dass dem Prüfer Spielräume zugestanden haben könnten, die er möglicherweise unsachgemäß genutzt haben könnte. Die Beklagten hätten für einen möglichen Schaden des Klägers einzustehen, denn sie hätten erkennen können, dass sie ... nicht als Sachverständigen hätten zuziehen dürfen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage erstreben.

Sie halten die Wertung des LG, es seien zwar keine falschen Testergebnisse festgestellt, der Sachverständige sei aber als Konkurrent dennoch nicht in der gebotenen Weise neutral und objektiv, für widersprüchlich. Irgendein Anhalt für eine Parteilichkeit des Gutachters sei weder festgestellt noch vorgetragen.

Das nicht selbst am Test beteiligte Institut für Blutgruppenforschung sei nicht einmal dem Kreis vergleichbarer, der Testzielgruppe zuzuordnender Unternehmen zuzurechnen, weil es - unstreitig - keine "heimlichen" Vaterschaftstests (ohne Wissen der Mutter) anbietet. Auch die Testkriterien seien bereits vor der Beauftragung des Gutachters festgelegt worden. Ferner sei zu berücksichtigen, dass alle überhaupt in Betracht kommenden Sachverständigen selbst Vaterschaftstests - allerdings nur zum Teil auch ohne Wissen der Mutter - anböten; wollte man dies als Hinderungsgrund ansehen, wäre ein sachkundiger Anbietertest überhaupt nicht möglich.

Im Übrigen ergebe sich aus Inhalt und Darstellu...

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