Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Darstellung von Vorstrafen in den Urteilsgründen.
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 1 Js 57474/06 - 4 Ns) |
Gründe
In der Sitzung vom 11. September 2007 verurteilte das Amtsgericht Wetzlar den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und einer weiteren Gesamtstrafe von neun Monaten. Auf die Berufung des Angeklagten hin hat das Landgericht dieses Urteil aufgehoben und neu gefasst. Es hat den Angeklagten wegen Bedrohung in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen (Einzelstrafen jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe) und wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung (Einzelstrafe neun Monate Freiheitsstrafe - zugleich Einsatzstrafe) - unter Einbeziehung mehrerer Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Wetzlar vom 4. Dezember 2006 nach Auflösung der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt; außerdem hat es aus den zwei verbleibenden Einzelstrafen aus dem bereits genannten Urteil des Amtsgerichts Wetzlar vom 4. Dezember 2006 und der mit Urteil des Landgerichts Limburg vom 22. Mai 2006 verhängten Freiheitsstrafe von vier Monaten wegen Körperverletzung eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe gebildet und auf eine solche von neun Monaten erkannt. Die im Urteil des Amtsgerichts Wetzlar angeordnete Maßregel nach §§ 69, 69a StPO hat es aufrechterhalten.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er in allgemeiner Form die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet.
Das Rechtmittel ist zum Schuldspruch aus den Gründen der Ausführungen des Vertreters der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht in der Revisionshauptverhandlung offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Auch die verhängten drei Einzelstrafen haben Bestand. Bei deren Bemessung sind dem Tatrichter Rechtsfehler nicht unterlaufen, dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der strafschärfenden Berücksichtigung der Vorstrafen.
Der Erörterung bedarf insoweit nur, ob das Landgericht die Einzelheiten dieser Vorstrafen in den Urteilsgründen in ausreichender Weise mitgeteilt hat, um dem Revisionsgericht die sachlich-rechtliche Nachprüfung seiner Strafzumessungserwägungen zu ermöglichen. Dies ist entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, die sich hierzu in ihrer Antragsschrift vom 19. Mai 2008 auf die ständige Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sowie des Oberlandesgerichts Köln bezieht, der Fall.
Nach dieser Ansicht muss der Tatrichter, will er Vorstrafen zum Nachteil des Angeklagten werten, die Zeiten der Verurteilungen, die Tatzeiten sowie die Art und Höhe der erkannten Rechtsfolgen im einzelnen mitteilen, wobei in der Regel auch Ausführungen zu den Sachverhalten, die den einzelnen Verurteilungen zu Grunde lagen, zu machen sind (vgl. OLG Frankfurt, vgl. Beschlüsse vom 19. September 2006 - 1 Ss 167/06; vom 29. August 2006 - 1 Ss 180/06; vom 2. März 2004 - 1 Ss 29/04; vom 20. Januar 2004 - 1 Ss 403/03; vom 1. Dezember 2003 - 1 Ss 307/03; vom 17. November 2003 - 1 Ss 285/03; OLG Frankfurt StV 1989, 155; jeweils m.N.; OLG Köln NStZ 2003, 421; StV 1996, 321). Von einer genauen Darlegung der den Vorverurteilungen zugrunde liegenden Sachverhalte soll allenfalls dann abgesehen werden können, wenn in Fällen geringerer Bedeutung der Sachverhalt schon aus der Angabe der angewendeten Vorschriften hinreichend erkennbar wird (z.B. Fahren ohne Fahrerlaubnis) oder wenn etwa die Auflistung der Vorstrafen nur allgemein der Darlegung anderer Fälle der Missachtung strafrechtlicher Normen durch den Angeklagten dient, also ersichtlich in keiner Weise auf Art und Schwere früher begangener Straftaten abgestellt worden ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 2. März 2004 - 1 Ss 29/04; vom 20. Januar 2004 - 1 Ss 403/03; vom 1. Dezember 2003 - 1 Ss 307/03 und vom 17. November 2003 - 1 Ss 285/03).
Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Sollte sich aus seinem Beschluss vom 15. Dezember 2004 (2 Ss 382/04) anderes ergeben, hält der Senat hieran nicht mehr fest. Die genannte Ansicht überdehnt die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Darstellung der Vorbelastungen eines Angeklagten an die Abfassung der Urteilsgründe stellt bei weitem und beruft sich dabei zu Unrecht auf dessen Rechtsprechung. Die hierzu zitierte Entscheidung BGH NStZ-RR 1996, 266 (so z.B. durch OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. Dezember 2003 - 1 Ss 307/03 und OLG Köln NStZ 2003, 421 - dort zudem mit Fehlzitat NStZ 1996, 266) enthält keine derartigen Ausführungen, erst recht nicht in der angenommenen Allgemeinheit und Reichweite. Gleiches gilt für BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 25 (zit. durch OLG Frankfurt in Beschlüssen vom 20. Januar 2004 - 1 Ss 403/03 und vom 17. November 2003 - 1 Ss 285/03), sowie BGH, Urteil vom 6. März 1987 - 2 StR 37/87 - (zit. durch OLG Frankfurt StV 1989, 155).
Nach der...