Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführung durch Werbung mit Preisempfehlung; Streitgegenstand bei gegen die konkrete Verletzungsform gerichtetem Unterlassungsantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in der Werbung dem verlangten Preis ein durchgestrichener, als "UVP (unverbindliche Preisempfehlung)" bezeichneter höherer Preis gegenübergestellt, erweckt dies beim Verbraucher den Eindruck, der höhere Preis sei vom einem Dritten, nämlich dem Hersteller oder einem anderen Vorlieferanten, festgesetzt worden. Eine solche Werbung ist daher irreführend, wenn der so bezeichnete höhere Preis vom Anbieter selbst festgelegt worden ist.
2. Ist der gegen die konkrete Verletzungsform gerichtete Unterlassungsantrag zusätzlich mit einer abstrakten Beschreibung des beanstandeten Verhaltens ("Vorspann") versehen, erstreckt sich der Streitgegenstand eines solchen Antrages jedenfalls auf solche weiteren, vom Wortlaut des "Vorspann" nicht erfasste Beanstandungen, die mit der im "Vorspann" dargestellten Beanstandung in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen.
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.04.2014; Aktenzeichen 2-6 O 503/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.4.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des erstinstanzlichen Unterlassungsgebots durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,-- EUR und die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Beklagte warb im Internet für von ihr angebotene %, indem sie dem von ihr verlangten Preis jeweils einen höheren, durchgestrichenen Preis gegenüberstellte, der als "UVP (unverbindliche Preisempfehlung)" bezeichnet war. Die Klägerin, eine Mitbewerberin der Beklagten, beanstandet diese Werbung als irreführend und nimmt die Beklagte deswegen auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
In der Klageschrift hatte die Klägerin einen gegen die konkreten Verletzungsformen gerichteten Unterlassungsantrag angekündigt, dem ein Vorspann vorangestellt war, wonach der Beklagten die Werbung mit durchgestrichenen Preisempfehlungen untersagt werden sollte, "wenn der durchgestrichene Preis nicht als Verbraucherpreis für Produkte mit vergleichbaren Eigenschaften und Qualitätsmerkmalen in Betracht kommt, weil er die marktüblichen Preise für eben diese Produkte um ein Vielfaches übersteigt und anhand vergleichbarer Verkaufsangebote dieses Produkte nicht zu ermitteln ist". In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter diesen Antrag "jeweils beschränkt auf die konkrete Verletzungsform" gestellt. Das LG hat die Beklagte gemäß diesem Antrag zur Unterlassung sowie zur Erstattung von Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die in der Werbung genannten empfohlenen Preise im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht gekommen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, gegen das sich die Beklagte mit der Berufung wendet, Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).
Im Berufungsverfahren haben beide Parteien zunächst ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Mit Verfügung vom 22.2.2016 (Bl. 267 ff. d.A.) hat der Senat darauf hingewiesen, dass die angegriffene Werbung sich bereits deswegen als irreführend darstellen könne, weil - was die Klägerin auch in erster Instanz vorgetragen habe - die in Bezug genommene Preisempfehlung nicht von einem Dritten, sondern von der Beklagte selbst stamme. In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter erklärt, er behaupte und habe auch schon in der ersten Instanz behauptet, dass die als "UVP" bezeichneten Preise in der angegriffenen Werbung von der Beklagten selbst festgesetzt worden seien. Die Beklagte vertritt die Auffassung, auf diesen Gesichtspunkt komme es aus prozessualen Gründen nicht an; jedenfalls sei ein hierauf gestützter Anspruch verjährt.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Klägerin steht der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch aus §§ 5, 8 III Nr. 1 UWG zu, weil die beanstandete Werbung mit einem dem verlangten Preis gegenübergestellten durchgestrichenen, als "UVP (unverbindliche Preisempfehlung)" bezeichneten höheren Preis irreführend ist.
a) Eine Preisgegenüberstellung der genannten Art erweckt beim angesprochenen Verkehr den Eindruck, der höhere "empfohlene" Preis sei von einem Dritten, nämlich dem Hersteller oder einem anderen Vorlieferanten des werbenden Händlers, als e...