Leitsatz (amtlich)
Unfallversicherung: Invaliditätsgrad für Dauerschaden am linken Bein durch Unfall
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.05.2018; Aktenzeichen 2-23 O 68/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 8.5.2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Zahlung einer weiteren Invaliditätsleistung von der Beklagten.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten zwei Unfallversicherungen. Die Invaliditätssumme beträgt jeweils 30.000,- Euro nebst Progressionsstaffel (Progression 400). Es gelten die X (im Folgenden: X), auf deren Inhalt (Bl. 12 ff d.A.) Bezug genommen wird.
Der Kläger erlitt am XX.XX.2015 in seiner Werkstatt einen Unfall, bei dem er sich einen offenen Bruch im Bereich des linken Unterschenkels (Schien- und Wadenbein) mit Gelenkbeteiligung zuzog. Der Heilungsverlauf gestaltete sich schwierig. Es entstanden Fehlstellungen und es traten Infektionen auf. Der Kläger musste sich einer Vielzahl von operativen Eingriffen unterziehen.
Der Kläger meldete den Unfall bei der Beklagten, die im Rahmen der Leistungsprüfung ein Gutachten von A vom Institut für unfallmedizinische Begutachtung einholte. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 22.9.2016 (Bl. 58 ff d.A.) zu dem Ergebnis, dass eine unfallbedingte dauerhafte Gebrauchsbeeinträchtigung des linken Beines von 9/20 Beinwert vorliege.
Die Beklagte zahlte daraufhin eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 26.700,- Euro an den Kläger gemäß Abrechnungsschreiben vom 24.10.2016, wobei sie sich eine Neubemessung vorbehielt. Mit Anwaltsschreiben vom 15.12.2016 trat der Kläger dem entgegen unter Hinweis darauf, dass - insbesondere unter Berücksichtigung der Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks des linken Beines - seine starke Gehbehinderung nicht ausreichend berücksichtigt sei. Außerdem sei die Beeinträchtigung des rechten Beines unberücksichtigt geblieben, die dadurch entstanden sei, dass durch die Entnahme von Knochenmaterial sich Narben gebildet hätten, welche das Gehen behinderten. Unter Berücksichtigung der vereinbarten Progressionsstaffel errechne sich daher ein Gesamtinvaliditätsgrad von 91 %, so dass weitere 27.900,- Euro zu zahlen seien.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 9.1.2017 mit, dass sie zu einer weiteren Begutachtung des linken Beines bereit sei; hinsichtlich der Beeinträchtigung am rechten Bein wies sie auf die Fristen nach Ziffer 2.1.1.1 der vereinbarten Bedingungen hin und führte weiter aus, dass Funktionsbeeinträchtigungen insoweit bisher weder geltend gemacht noch ärztlich nachgewiesen seien. Sie stellte dem Kläger jedoch anheim, eine entsprechende fristgerechte ärztliche Feststellung nachzureichen.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Zahlung weiterer 27.900,- Euro sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, weitere über den mit dem Klageantrag Ziffer 1) geltend gemachten Betrag hinausgehende Invaliditätsleistungen zu erbringen. Darüber hinaus hat der Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, allein wegen der Versteifung des unteren und oberen Sprunggelenks sei für das linke Bein ein Invaliditätsgrad von mindestens 40 % anzusetzen, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 17.1.2001- abgedruckt in VersR 2001, 360 - in einem vergleichbaren Fall entschieden habe. Ihm (dem Kläger) sei ein Gehen mit "normaler" Geschwindigkeit nicht mehr möglich. Da die Möglichkeit bestehe, dass wegen der weiteren Beeinträchtigungen ein noch höherer Invaliditätsgrad in Betracht komme, sei auch der Feststellungsantrag gerechtfertigt.
Bezüglich des rechten Beines sei 1/10 Beinwert anzusetzen in Hinblick auf die - unstreitig erfolgte - Spongiosaplastik und den zur Defektdeckung durchgeführten Musculus gracilis-Lappen. Aufgrund der hierdurch entstandenen Narben und Spannungen werde das Gehen beeinträchtigt. Auch insoweit komme ein höherer Invaliditätsgrad als 7 % in Betracht, der Gegenstand des Feststellungsantrags sei.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass der Feststellungsantrag unzulässig sei.
Darüber hinaus habe sie - wie angekündigt - eine Neubemessung der Invalidität in Auftrag gegeben, die allerdings zum gleichen Ergebnis geführt habe (Beweis: Gutachten B, Klinik1. vom 16.3.2017, Bl. 144 ff d.A.).
Bezüglich der für das rechte Bein begehrten Invaliditätsentschädigung hat die Beklagte eingewendet, dass es an der erforderlichen fristgerechten ärztlichen Feststellung eines Dauerschadens fehle. Auf die bedingungsgemäß einzuhaltenden Fristen sei der Kläger vorprozessual mehrfach hingewies...