Entscheidungsstichwort (Thema)
Markenmäßige Benutzung; missbräuchliche Markenanmeldung ("Pfefferspray")
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein aus Buchstaben und Ziffern bestehendes Zeichen auf dem Produkt selbst (hier: Pfefferspray) sowie in Angeboten im Internet hervorgehoben verwendet, liegt hierin in der Regel eine markenmäßige Benutzung; etwas anderes kann dann gelten, wenn dem angesprochenen Verkehr das Zeichen als Angabe der Gebindegröße geläufig ist (im Streitfall verneint).
2. Ist ein mit einer eingetragenen Marke kollidierendes Zeichen über längere Zeit von mehreren Anbietern benutzt worden und endet der Schutz der eingetragenen Marke, kann es grundsätzlich nicht als missbräuchlich angesehen werden, wenn einer dieser Anbieter selbst das Zeichen als Marke anmeldet.
Normenkette
BGB § 242; MarkenG § 14
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.04.2017; Aktenzeichen 2-3 O 300/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 20.04.2017, Az. 2-03 O 300/16 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.
1.) Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,- im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem ihrer gesetzlichen Vertreter, untersagt,
Reizstoffsprühgeräte oder Pfeffersprays, die gemäß nachfolgenden Abbildungen mit den Zeichen MK-3, MK-3F, MK-3T, MK-8 oder MK-9 gekennzeichnet sind, zu bewerben, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, einzuführen oder auszuführen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen:
((Abbildung))
2.) Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000,- im Falle der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an einem ihrer gesetzlichen Vertreter, untersagt,
Reizstoffsprühgeräte oder Pfeffersprays gemäß den nachfolgenden Abbildungen unter den Zeichen MK-3, MK-3F, MK-3T, MK-8 und MK-9 zu bewerben oder anzubieten:
((Abbildungen))
3.) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin im Hinblick auf die im Klageantrag zu I. beschriebenen Handlungen, soweit diese nach dem 02.06.2016 begangen wurden, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar über:
a) Namen und Anschriften von Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b) Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Produkte;
c) Einkaufsmengen, Einkaufszeiten und Einkaufspreise;
d) etwaige weitere Gestehungskosten;
e) Namen und Anschriften von gewerblichen Abnehmern;
f) Namen und Anschriften von Angebotsempfängern;
g) Zahl und Inhalt von Angeboten;
h) Verkaufsmengen, Verkaufszeiten und Verkaufspreise;
i) Umsatz und Gewinn;
j) Art und Umfang der betriebenen Werbung
dies alles (Buchstaben a bis j) unter Beifügung der entsprechenden Belegkopien, nämlich insbesondere von Kopien der Auftragsschreiben sowie der Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine, ferner von Kopien der Bestellschreiben der etwaigen gewerblichen Abnehmer sowie der entsprechenden Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine an die gewerblichen Abnehmer, ferner von Kopien der druckschriftlichen Werbemittel,
wobei die Auskunft über Gewinn sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung erst ab 02.07.2016 geschuldet ist.
4.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen der Beklagten, die in den Klageanträgen zu I. und II. beschrieben sind und die nach dem 02.07.2016 begangen wurden, bereits entstanden ist oder noch entstehen wird, sofern dieser Schaden nicht von folgender Ziffer 5.) erfasst wird.
5.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.973,90 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2016 zu zahlen.
6.) Die Beklagte wird verurteilt, alle noch in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Exemplare der in Ziffer I. beschriebenen Waren zum Zwecke der Vernichtung an einen von der Gerichtsvollzieherverteilerstelle des zuständigen Amtsgerichts zu benennenden und von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben.
II. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wege der Klage und Widerklage um markenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche sowie um die Löschungsreife der Klagemarken.
Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Reizstoffsprühgeräten, auch als "Pfeffersprays" bezeichnet. Beide Parteien versehen ihre Produkte schon seit längerem Zeitraum mit den Bezeich...