Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung des Widerspruchsrechts gegen Versicherungsverträge
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 20.04.2022; Aktenzeichen 9 O 29/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 20.04.2022 (Az. 9 O 29/22) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf bis 16.000,- EUR.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seiner Klage in erster Instanz. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerspruchs gegen zwei Versicherungsverträge.
Der Kläger unterhielt bei der Beklagte zwei im Policenmodell abgeschlossene Lebensversicherungsverträge: Mit Versicherungsbeginn zum 01.07.2002 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Vertrag über eine bis 01.07.2032 laufende Kapital-Lebensversicherung Nr. ... und mit Versicherungsbeginn zum 01.01.2004 eine weitere bis zum 01.01.2016 laufende Lebensversicherung Nr. .... Der Kläger erhielt jeweils die Versicherungspolice zusammen mit einem Begleitschreiben und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB) der Beklagten nebst den maßgeblichen Verbraucherinformationen gem. § 10 a VAG (Anlagenkonvolut K 1, Anlagenband).
Das Begleitschreiben betreffend den Vertrag Nr. ... enthielt auf der ersten Seite in Absatz 2 folgenden Hinweis:
"Sofern Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen einen schriftlichen Widerspruch an uns absenden, gilt dieser Vertrag als abgeschlossen."
Die beigefügten AVB enthielten in § 3 folgende Regelung:
"§ 3 Können Sie dem Vertragsabschluss widersprechen?
(1) Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen ihrem Versicherungsvertrag schriftlich widersprechen. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Widerspruchserklärung rechtzeitig absenden. Sie beginnt an dem Tag, an dem Sie den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen sowie die für den Vertrag maßgeblichen Verbraucherinformationen (im Sinne des § 10 a Versicherungsaufsichtsgesetz) erhalten.
(...)"
Das Begleitschreiben betreffend den Vertrag Nr. ... enthielt auf der ersten Seite in Absatz 2 folgenden fettgedruckten Hinweis:
"Sofern Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen einen Widerspruch in Textform an uns absenden, gilt dieser Vertrag als abgeschlossen."
Die beigefügten AVB enthielten in § 3 folgende Regelung:
"§ 3 Können Sie dem Vertragsabschluss widersprechen?
(1) Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen ihrem Versicherungsvertrag in Textform widersprechen. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Widerspruchserklärung rechtzeitig absenden. Sie beginnt an dem Tag, an dem Sie den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen sowie die für den Vertrag maßgeblichen Verbraucherinformationen (im Sinne des § 10 a Versicherungsaufsichtsgesetz) erhalten.
(...)"
Seine Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung Nr. ... trat der Kläger kurz nach Vertragsschluss am 01.08.2002 zur Absicherung eines Darlehens an die Landesbank Baden-Württemberg ab. Nach Tilgung des Darlehens trat die Bank die Ansprüche im Jahr 2012 zurück an den Kläger ab. Im Jahr 2020 kündigte der Kläger. Die Beklagte zahlte einen die Einzahlungen des Klägers in Höhe von insgesamt 37.818,00 EUR übersteigenden Rückkaufswert von 38.736,00 EUR an den Kläger aus.
Nach Ablauf der Lebensversicherung Nr. ... zahlte die Beklagte eine Ablaufleistung von 7.928,96 an den Kläger aus.
Mit Schreiben vom 16.05.2021 erklärte der Kläger den "Widerspruch gem. § 5 a VVG a. F." gegen den Abschluss beider Lebensversicherungsverträge (Anlage K 3, Anlagenband).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Widerspruch sei wirksam, da die Widerspruchsfrist hinsichtlich beider Verträge aufgrund von fehlerhaften Belehrungen nicht zu laufen begonnen habe. Ihm stehe daher ein weiterer Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von insgesamt 13.386,62 EUR zu, der sich aus rechtsgrundlos geleisteten Beiträgen in Höhe von 45.318,- EUR, gezogenen Nutzungen in Höhe von 16.546,78 EUR abzüglich des faktischen Versicherungsschutzes im Wert von 1.813,20 EUR und abzüglich der bereits ausgezahlten 46.664,96 EUR zusammensetze.
Die Beklagte hat sich auf Rechtsmissbrauch und Verwirkung berufen.
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und diese Entscheidung begründet wie folgt:
Der Kläger habe keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche auf Rückabwicklung der Versicherungsverträge, da er den Verträgen im Jahr 2021 nicht mehr wirksam habe widersprechen können.
Hinsichtlich des Versicherungsvertrags Nr. ... aus dem Jahr 2002 sei die Belehrung zwar fehlerhaft, da die Belehrung im Begleitschreiben drucktechnisch nicht hervorgeh...