Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 09.01.2014; Aktenzeichen 3 O 328/12) |
LG Darmstadt (Urteil vom 20.12.2013; Aktenzeichen 27 O 105/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 9.1.2014 teilweise abgeändert.
1. Es wird festgestellt, dass der von der Beklagten rückwirkend ab Versicherungsbeginn 1.1.2011 erhobene Beitragszuschlag in Höhe von 273,66 EUR monatlich zur Krankenversicherung des Klägers bei der Beklagten (Nr ...) unwirksam ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.964,80 EUR zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 934,40 EUR seit 12.11.2012 und jeweils aus 223,60 EUR seit 3.12.2012, 2.1.2013, 28.1.2013, 4.3.2013, 2.4.2013, 2.5.2013, 3.6.2013, 1.7.2013 und 2.8.2013 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 430,66 EUR zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3.12.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger hat mit Wirkung ab 1.1.2011 bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung abgeschlossen. In dem Versicherungsantrag vom 14.12.2010 ist unter der Rubrik "Angaben zum Gesundheitszustand" die Frage A. nach den in den letzten drei Jahren aufgetretenen Untersuchungen oder Behandlungen bejaht. Der Zeuge A hat als Antwort hierzu für den Kläger eingetragen: "Ja, Gesundheitscheck (Vorsorgeuntersuchung), Dr. B, Stadt1, alles i. O., ohne Befund." Ferner hat der Zeuge A zur Frage H. eine Sehschwäche des Klägers angegeben. Die Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 VVG erhielt der Kläger auf einem gesonderten Blatt des Antragsformulars. Ziffer 11 Nr. 3 dieser Belehrung enthält folgende Hinweise:
"11. Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht
(...)
Welche Folgen können eintreten, wenn eine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird;
1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes
(...)
2. Kündigung
(...)
3. Vertragsänderung - Können wir nicht zurücktreten oder kündigen, weil wir den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen geschlossen hätten, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen Vertragsbestandteil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Wenn Sie die Anzeigepflicht schuldlos verletzt haben, steht uns das Recht zur Vertragsänderung nicht zu. Erhöht sich durch die Vertragsänderung der Beitrag um mehr als 10 % oder schließen wir die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, können Sie den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die Vertragsänderung fristlos kündigen. Auf dieses Recht werden wir Sie in einer Mitteilung hinweisen."
Nach einem Versicherungsfall und sich anschließenden Nachforschungen brachte die Beklagte in Erfahrung, dass der Kläger vor der Antragstellung in dem unter A. erfragten Zeitraum behandelt worden war und zwar laut Rechnungsstellung wegen ... Die Beklagte forderte daraufhin von dem Kläger mit Schreiben vom 24.7.2012 rückwirkend ab Versicherungsbeginn (1.1.2011) einen Beitragszuschlag von monatlich 273,66 EUR.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass diese Erhöhung unwirksam sei, daneben beansprucht er die Rückzahlung von aufgrund dieser Beitragserhöhung geleisteten Prämien in Höhe von 2.964,80 EUR.
Das LG hat seine Klage abgewiesen. Die Beklagte sei zur rückwirkenden Beitragsanpassung gemäß § 19 Abs. 4 S. 2 VVG in Verbindung mit § 194 Abs. 1 S. 3 VVG berechtigt, da der Kläger seine Anzeigepflicht jedenfalls fahrlässig verletzt habe.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger vollumfänglich seine erstinstanzlichen Ansprüche.
Nach Übertragung des Verfahrens auf die Einzelrichterin legte diese das Verfahren mit Beschluss vom 15.10.2015 dem Senat zur Entscheidung über die Übernahme gemäß § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor, da sich bei der Vorbereitung eine Änderung der Prozesslage zu einer Rechtsfrage ergeben hatte, die von den Parteien bislang nicht problematisiert worden war. Dies betraf die Frage der Wirksamkeit der Belehrung in Ziffer 11 Nr. 3 des Antragsformulars, da insbesondere Bedenken bestanden, ob die erteilte Belehrung den inhaltlichen Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG genügt. Der Vorsitzende übermittelte den Parteien diesen Beschluss und gab Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Beklagte vertrat daraufhin die Auffassung, dass die Frage, ob die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG wirksam sei, offen bleiben könne, da, wie sie neu einführte, dem Kläger bei Antragstellung Arglist vorzuwerfen sei.
Der Senat übernahm das Verfahren mit Beschluss vom 2.11.2015. In der mündlichen Verhandlung vom 3.12.2015 hat der Senat den Zeugen A zu den Umständen der Antragstellung ergänzend vernommen und den Kläger angehört.
Von der ...