Normenkette

GG Art. 34; BGB § 839

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Aktenzeichen 4 O 230/00)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 27.11.2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Gießen wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 16.000 DM (8.180,67 Euro) abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entspr. Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer wird auf 168.002,50 DM (85.898,31 Euro) festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangen von dem Beklagten aus demGesichtspunkt der Amtshaftung Schadensersatz mit der Begründung, dass die Flurbereinigungsbehörde ihren Anspruch auf wertgleiche Abfindung im Flurbereinigungsverfahren schuldhaft verletzt habe.

Die Kläger waren Eigentümer des 2.006 qm großen Grundstücks, Gemarkung O. Flur 20, Flurstück 189, eingetragen im Grundbuch von O., Bd. 27, Bl. 925. Nach dem am 11.9.1963 von der Gemeindevertretung der damals selbstständigen Gemeinde O. als Satzung beschlossenen Bebauungsplan war das Grundstück der Kläger zur Hälfte Bauland (Bl. 9–12 d.A.). Die Hauptsatzung dieser Gemeinde ist nicht mehr auffindbar.

Gemäß Anordnung des hessischen Amtes für Landeskultur vom 9.8.1966 wurde für die Grundstücke der Gemarkung O. die Flurbereinigung angeordnet (Bl. 144–148 d.A.). Die Gemeindevertretung O. behandelte in ihrer Sitzung am 30.6.1971 die Frage, welche Flächen aus dem Baugebiet herausgenommen werden sollen. Das Sitzungsprotokoll lautet zu Tagesordnungspunkt 4 „Regulierung des Bebauungs- und Flächennutzungsplanes:

Vom Bürgermeister wurde vorgetragen, welche Fläche nach dem augenblicklichen Stand der Flurbereinigung in Frage stehen, die eventuell aus dem Baugebiet herausgenommen werden sollen.

a) Links der Straße nach K. hinter dem Forsthaus.

Da dieses Gelände nach den derzeitigen Bestimmungen nicht mehr mit Gebäude und Anlagen bebaut werden kann, soll es aus dem Baugebiet ausgeklammert werden. – Beschluss einstimmig – …” (Bl. 52–53 d.A.).

Am 29.8.1972 stellte das hessische Amt für Landeskultur als Flurbereinigungsbehörde den Flurbereinigungsplan auf (Auszug aus dem Flurbereinigungsplan S. 1–14, Bl. 154–166 d.A.). Am 19.12.1972 erfolgte die Feststellung der Schätzungsergebnisse (Bl. 149 d.A.), am 5.1.1973 wurde die Feststellung der Schätzungsergebnisse öffentlich bekannt gemacht (Bl. 150 d.A.). Durch Schlussfeststellung vom 3.5.1979 wurde das Flurbereinigungsverfahren abgeschlossen. Am 16.5.1979 wurde die Schlussfeststellung im Amtsblatt der Gemeinde L. veröffentlicht (Bl. 152, 153 d.A.).

In das Flurbereinigungsverfahren waren außer dem oben genannten Grundstück 10 weitere im Eigentum der Kläger stehende Grundstücke einbezogen. Anstelle dieser Grundstücke wurden den Klägern im Rahmen einer Planvereinbarung andere Grundstücke zugewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 38 bis 47 d.A. Bezug genommen. Das Grundstück Gemarkung O., Flur 20, Flurstück 189 wurde bei der Ermittlung der Wertverhältnisse nicht als Bauland, sondern als landwirtschaftliche Fläche bewertet.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass ihr Grundstück Flur 20, Flurstück 189 fehlerhaft von den zuständigen Mitarbeitern der Flurbereinigungsbehörde nicht zur Hälfte als Bauland bewertet worden sei. Hierzu haben sie behauptet, dass ihnen in einer Besprechung mit Mitarbeitern des hessischen Amtes für Landeskultur am 21.2.1973 erklärt worden sei, bei ihrem Grundstück Flur 20, Flurstück 189 handele es sich lediglich um eine Wiese, die gegen eine andere Wiese ausgetauscht werde. Nur im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Beurteilung hätten sie der Planvereinbarung zugestimmt. Ihnen sei unbekannt gewesen, dass das Grundstück nach dem Bebauungsplan von 1963 zur Hälfte Bauland gewesen sei.

Von der Fehlbeurteilung des Grundstückswertes durch die Mitarbeiter des hessischen Amtes für Landeskultur hätten sie erstmals im Mai 1999 erfahren, als ihr Rechtsnachfolger im Eigentum dieses Grundstück an einen Investor zum Zwecke der Errichtung eines Verbrauchermarktes verkauft habe.

Durch die Fehlbeurteilung des Grundstückswertes durch die Flurbereinigungsbehörde sei ihnen ein Schaden von 168.002,50 DM entstanden. Der Schaden ergebe sich daraus, dass der Wert eines nicht erschlossenen Baugrundstückes im Bereich O. mindestens 200 DM pro qm betrage, so dass sich für eine Fläche von 1.003 qm ein Wert von 200.600 DM ergebe. Unter Abzug des Wertes der Ausgleichsfläche und unter Berücksichtigung eines höchst vorsorglich zu erklärenden Vorbehalts einer eventuellen anderweitigen Verrechnung mit 15 % der Summe, mithin 30.090 DM, verbleibe die Klageforderung als Schadensbetrag.

Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 168.002,50 DM zzgl. 4 % Zinsen seit 8.6.2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Flurbereinigungsbehörde habe den Wert des Grundstücks Flur 20, Flurstück 189 zutreffend bewertet. Es habe sic...

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