Entscheidungsstichwort (Thema)

Sekundäre Beweislast des verklagten Alleinerben

 

Leitsatz (amtlich)

Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB trifft den verklagten Alleinerben dieselbe sekundäre Beweislast, wie sie dem Erblasser oblegen hätte, wenn er Prozessgegner gewesen wäre.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 23.06.2017; Aktenzeichen 2-15 O 29/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.6.2017 - Az. 2-15 O 29/16 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Kläger mit dem Ableben seiner Großmutter Vorname1 Nachname1, geb. B, geb. am XX.XX.19XX, am XX.XX.1990 deren Erbe zu 1/2 geworden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 233.027,22 nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit 8.3.1990 bis 30.4.2000 und 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.5.2000 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 11 % und die Beklagte 89 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 273.317,77 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Feststellung der unmittelbaren Erbenstellung des Klägers nach dem Ableben seiner Großmutter, Frau Vorname1 Nachname1 (nachfolgend Erblasserin). Ferner macht der Kläger gegen die Beklagte Leistung von Schadens- bzw. Wertersatz geltend.

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen und wie folg ergänzt: Am 5.11.1968 schlossen die Erblasserin und ihr Ehemann, Herr Vorname2 Nachname1, als Inhaber der Firma B ein sog. "geschäftliches" handschriftliches Testament über ihr betriebliches Vermögen und am 12.11.1968 ein gemeinsames handschriftliches Testament über ihr Privatvermögen. Wegen der Einzelheiten wird auf GA 418 - 422 Bezug genommen. Nach dem Versterben ihres Ehemanns regelten die Erblasserin und ihre beiden Kinder, Herr Vorname3 Nachname1 und Frau Vorname4 Nachname2, mit notarieller Vereinbarung vom 18.7.1969, die beiden o.g. Testamente dahin auszulegen, dass von einer Erbeinsetzung je zu 1/3 auszugehen sei und die übrigen Inhalte eine Teilungsanordnung darstellten (GA 420 - 422). Auf ihren Antrag wurde ihnen ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der sie nach Vorname2 Nachname1 als Erben zu je 1/3 auswies (GA 70/71). Mit fünf gleichlautenden notariellen Urkunden vom 18.7.1969 übertrug die Erblasserin ihren gesamten Grundbesitz unter Vorbehalt eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs schenkweise je zur ideellen Hälfte ihren beiden Kindern (vgl. GA 446 - 451). Am 1.8.1984 schloss sie mit der Firma B mbH & Co KG (nachfolgend Firma B) einen Grundstücksverwaltungsvertrag, den sie mit 1. Nachtrag vom 20.1.1989 verlängerte (GA 426). Wegen des Inhalts der beiden Verträge wird auf GA 423 - 426 verwiesen. In der Folgezeit widerrief die Erblasserin ihr notarielles Testament vom 4.2.1987 und errichtete sodann am 2.2.1989 ein weiteres notarielles Testament, mit welchem sie das Widerrufstestament wieder aufhob und die Gültigkeit des notariellen Testamens vom 4.2.1987 bestätigte (GA 95 - 97). Nach dem Ableben der Erblasserin am XX.XX.1990 erfolgte zunächst umfangreicher Schriftverkehr zwischen ihren beiden Kindern u.a. im Zusammenhang mit dem Abschluss des in dem notariellen Testament vom 4.2.1987 geforderten Verwaltungsvertrags. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben von Rechtsanwalt D vom 22.2.1990 (GA 195/196), Schreiben von Vorname3 Nachname1 vom 27.2.1990 (GA 197 - 199), Schreiben von Rechtsanwalt F vom 6.7. (GA 200/201) und 3.9.1990 (GA 162 - 166), Schreiben von Rechtsanwalt E vom 4.9.1990 (GA 52) sowie Schriftsatz von Rechtsanwalt F vom 28.9.1993 (GA 251 - 287) verwiesen. Am 9.8.1991 stellte Vorname3 Nachname1 einen notariellen Erbscheinsantrag beim Nachlassgericht stellte, aufgrund dessen der gemeinschaftliche Erbschein vom 17.9.1991 erteilte wurde.

Auf Aufforderung des Klägers erteilte ihm die Beklagte als Alleinerbin nach Vorname3 Nachname1 mit Schreiben vom 20.8 (vgl. Anlage K 3/GA 20/21) und 15.10.2015 (Anlage K 5/GA 26 - 18) Auskunft und legte in dem Zusammenhang Aufstellung des Nachlasses von Vorname3 Nachname1 Stand 18.1.2016 (Anlage K 2/GA 17 - 19), Anlage zur Einkommensteuererklärung vom Vorname3 Nachname1 anlässlich des Tod der Erblasserin (Anlage K 6/GA 32 - 34) sowie Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Stadt1 vom 31.1.1995 (GA 48) vor.

Das La...

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