Leitsatz (amtlich)
Die Verwendung unwirksamer AGB verstößt zugleich gegen § 4 Nr. 11 UWG (Fortführung der Senatsrechtsprechung); dies gilt insbesondere im Hinblick auf die gebotene richtlinienkonforme Auslegung (UGP-Richtlinie).
Normenkette
UWG § 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3-12 O 7/08) |
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, das die Parteien nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Antragsgegners in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, zu Recht dem Antragsgegner auferlegt, da der Antragsteller bei Weiterführung des Verfahrens voraussichtlich - zumindest im Wesentlichen - obsiegt hätte (§§ 91a, 92 II Nr. 1 ZPO).
Soweit es um die Erfolgsaussicht der Unterlassungsanträge zu Ziff. 2 und Ziff. 3 lit. a) bis j) geht, nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug, denen er in vollem Umfang folgt. Die hierzu im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Einwände des Antragsgegners führen zu keinem abweichenden Ergebnis.
Die mit dem Antrag zu 2) beanstandete Aussage "24 Monate Garantie auf dieses Produkt!" verstieß gegen § 477 I BGB, da sie die nach dieser Vorschrift notwendigen Angaben nicht enthielt, insbesondere nicht den Hinweis auf die schon nach dem Gesetz bestehenden Verbraucherrechte und darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Die genannte Vorschrift ist eine Marktverhaltensregelung gem. § 4 Nr. 11 UWG. Der Verstoß stellt auch keine bloße Bagatelle i.S.v. § 3 UWG dar. Insoweit reicht es aus, dass die Zuwiderhandlung geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen (vgl. Art. 5 II b UGP-Richtlinie). Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb erfüllt, weil die Anziehungskraft der Garantieerklärung merklich relativiert worden wäre, wenn dem Verbraucher zugleich mitgeteilt worden wäre, dass die Gewährleistungsfrist für das als "neu" bezeichnete Kaufobjekt ohnehin 2 Jahre beträgt (§§ 438 I Nr. 3, 475 II BGB).
Die Verwendung unzulässiger AGB-Bestimmungen - hier Antrag zu 3) - kann grundsätzlich von Wettbewerbern gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG beanstandet werden. Der Senat hält insoweit an seiner, den Parteien bekannten, Entscheidung vom 9.5.2007 - 6 W 61/07 (OLGR 2007, 585 f.) fest. Im Übrigen ist seit dem 12.12.2007 die UGP-Richtlinie anzuwenden und das UWG dementsprechend richtlinienkonform auszulegen. Da nach der Richtlinie auch Geschäftspraktiken nach dem Vertragsabschluss erfasst werden (vgl. Artt. 2d) und 3 I), erscheint es nicht mehr zweifelhaft, dass das (richtlinienkonform auszulegende) UWG eine wettbewerbsrechtliche Kontrolle der Verwendung unwirksamer AGB ermöglicht (vgl. hierzu näher Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 4 Rz. 11.156c ff.).
Die von dem Antragsteller im Einzelnen beanstandeten AGB-Klauseln sind aus den vom LG genannten Gründen unwirksam; dies gilt auch für die mit den Anträgen zu 3b) und d) erfassten Klauseln, auf die die Antragsgegnervertreterin in der Beschwerdebegründung nochmals eingegangen ist.
Zu Ziff. 2 der AGB (Antrag 3b) hat das LG zu Recht ausgeführt, dass der Satz "Unsere Angebote sind unverbindlich" vom Durchschnittsverbraucher so und nicht anders verstanden wird. Der nachfolgende Satz "Kleine Abweichungen und technische Änderungen gegenüber unseren Abbildungen oder Beschreibungen sind möglich", ändert daran nichts, weil hierin eine eigenständige Aussage und keine Erläuterung des ersten Satzes zu sehen ist. Im Übrigen wäre die Klausel auch dann unwirksam, wenn eine anderweitige Auslegungsmöglichkeit in Betracht gezogen werden könnte; denn über die Wirksamkeit einer AGB-Klausel entscheidet die kundenfeindlichste Auslegungsvariante.
Auch die in Ziff. 4 der AGB getroffene Regelung (Antrag 3d) hat das LG zutreffend als unwirksam bewertet, weil sie gegen § 308 Nr. 1 BGB verstößt. Es geht insofern nicht um das Aushebeln einer vereinbarten Lieferzeit, sondern darum, dass das Recht des Käufers, im Fall der Nichtleistung nach dem Ablauf einer von ihm gesetzten angemessenen Frist zurückzutreten oder einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung geltend zu machen, ausgehöhlt wird, wenn die Lieferzeit von intransparenten Voraussetzungen und unbestimmten Kriterien abhängig gemacht wird.
Der Antrag zu 1) betraf die Frage, ob ein (erheblicher) Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn der Verbraucher im Fernabsatz - bei Verwendung des Musters gemäß Anlage 2 der BGB-InfoV (a.F.) oder eines inhaltlich ähnlichen Textes im Rahmen der Vorab-Unterrichtung nach § 312c I 1 BGB - nicht darüber informiert wird, dass die Widerrufsfrist nicht vor Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform beginnt. Zu diesem Problembereich gibt es divergierende OLG-Entscheidungen (vgl. einerseits OLG Hamm OLGReport Hamm 2007, 387; KG KGReport Berlin 2007, 148; OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2008, 300; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2008, 377 und andererseits OL...