Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbestand von Holzbezugsrechten. Eintragungsfähigkeit dieser Rechte ins Grundbuch. altrechtliche Dienstbarkeit. Anpassung. Auslegung. Erlöschen. Holzleserechte. Holzrechte. Holzsammelrechte. Rezess
Normenkette
EGBGB Art. 184, 187, 189; BGB §§ 894, 1090-1091
Verfahrensgang
LG Hanau (Entscheidung vom 30.04.2010; Aktenzeichen 7 O 837/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 30.04.2010 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über den Fortbestand altrechtlicher Holzbezugsrechte zugunsten der Klägerin im sogenannten "Wächtersbacher Stammteil" des Büdinger Waldes.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung der Eintragung der vorgenannten Rechte im Grundbuch, die Bereitstellung rückständiger Holzmengen sowie die Verurteilung zu wiederkehrender Bereitstellung bestimmter Holzmengen für die Zukunft. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass es sich bei den bezeichneten Rechten um dingliche Rechte handelt.
Die den sogenannten "Wächtersbacher Stammteil" bildenden Waldparzellen des Büdinger Waldes standen seit 1812 im Eigentum der Fürstlichen Familien zu Ysenburg und Büdingen und gehörten seit 1815 zu dem Gebiet des Kurfürstentums Hessen. 1866 wurde das gesamte Kurfürstentum Hessen von Preußen annektiert. Für die seit 1866 zu Preußen gehörenden Gemarkungen des Wächtersbacher Stammteils existierten bereits seit dem Jahre 1880 beim Amtsgericht Gelnhausen Grundbücher. Für den Wächtersbacher Stammteil war dies das Grundbuch "Weiherhof". In ihm war in Abteilung I als Eigentümer des Stammteils eingetragen ... Fürst zu Ysenburg und Büdingen in Wächtersbach.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Forstbetrieb ... GbR, in die die streitgegenständlichen Waldgrundstücke zuletzt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eingebracht worden waren, veräußerte der Insolvenzverwalter diese Grundstücke aufgrund notariellen Vertrages vom 30./31.05.2006 an die Beklagte. Der notarielle Vertrag vom 30./31.05.2006 enthielt unter § 4 e) "Rechte aufgrund altrechtlicher Bestimmungen" folgende Regelung:
"Soweit aufgrund altrechtlicher Bestimmungen dingliche Nutzungsrechte bestehen, welche nicht im Grundbuch eingetragen sind (z.B. altrechtliche Rechte zur Nutzung von Quellen oder zur Entnahme von Wasser) werden diese Rechte ebenfalls zur weiteren Duldung übernommen. Den Beteiligten ist bekannt, dass einige Gemeinden/Kirchengemeinden in der Umgebung des Büdinger Forstes sogenannte "Losholzrechte" beanspruchen, die im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine kostenlose Lieferung bzw. kostenlose Selbstwerbung bzw. Bezug zu wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen von Brennholz gerichtet sind. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass solche Losholzrechte, soweit sie nicht im Grundbuch eingetragen sind, nicht insolvenzfest sind. Falls diese Rechte gleichwohl dinglich fortbestehen sollten, übernimmt sie der Käufer..."
An dem Büdinger Wald bestanden seit alters her tradierte Holzrechte, die u.a. das Recht der Einwohner der umliegenden Orte zum Schlagen von Bauholz, Sammeln von Brennholz sowie daneben Mast- und Weiderechte umfassten. Da sich die mengenmäßig nicht beschränkten Holzeinschlagrechte der ständig wachsenden Bevölkerung zunehmend zu einer Belastung für eine geregelte Forstwirtschaft entwickelten, bestanden seit dem 19. Jahrhundert Bestrebungen, diese Holzrechte gegen Abfindung abzulösen oder auf ein bestimmtes jährliches Quantum zu beschränken.
Die dafür auf dem Gebiet des Kurfürstentums Hessen einschlägige gesetzliche Regelung war die "Verordnung betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstentum Hessen, vom 13. Mai 1867" sowie das "Gesetz wegen Ergänzung beziehungsweise Abänderung der Verordnung vom 13. Mai 1867, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundstücke, für das vormalige Kurfürstentum Hessen, vom 25. Juli 1876".
Auf dieser Grundlage schloss Fürst ... zu Ysenburg und Büdingen in Wächtersbach am 06.07.1887 mit der Gemeinde Unter-Wolferborn, die heute ein Stadtteil der Klägerin ist, einen Rezessvertrag ab. Aufgrund dieses Rezesses wurde die Ur- und Lagerholzberechtigung der Gemeinde am Wächtersbacher Stammteil des Büdinger Waldes gegen Entschädigung abgelöst und die Losholzberechtigung der Gemeinde auf ein bestimmtes Maß fixiert.
Der Rezess vom 06.07.1887 enthielt zur Fixierung der Losholzberechtigung folgende Reglungen:
"§ 1
Das seither jedoch nach unbestrittener Norm wechselnde und jedes dr...