Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche aus altrechtlichen Holzbezugsrechten (Losholzberechtigungen) im Büdinger Wald
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 18.12.2014; Aktenzeichen 4 O 1445/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.12.2014 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Hanau, Az.: 4 O 1445/09, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende Gemeinde wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der sie Ansprüche aus altrechtlichen Holzbezugsrechten (Losholzberechtigungen), die nicht im Grundbuch eingetragen sind, geltend gemacht hat.
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der vormals selbständigen Ortsteile Schlierbach, Hellstein, Neuenschmidten mit Schächtelburg und Streitberg.
Die Beklagte ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Büdinger Wald (Anlage K 1, K 10, K 11b, K 11c, Anlagenband). Diese den so genannten Wächtersbacher Stammteil bildenden Waldparzellen des Büdinger Waldes standen seit 1812 ursprünglich im Eigentum der Fürstlichen Familien zu Ysenburg und Büdingen und gehörten seit 1815 zu dem Gebiet des früheren Kurfürstentums Hessen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Forstbetrieb ... GbR, in die die streitgegenständlichen Waldgrundstücke zuletzt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eingebracht worden waren, veräußerte der Insolvenzverwalter diese Grundstücke aufgrund notariellen Vertrages vom 30./31.05.2006 (Anlage K 11, Anlagenband) an die Beklagte. Der notarielle Vertrag enthielt unter § 4 Ziff. 1e) - "Rechte aufgrund altrechtlicher Bestimmungen" - folgende Regelung:
"Soweit aufgrund altrechtlicher Bestimmungen dingliche Nutzungsrechte bestehen, welche nicht im Grundbuch eingetragen sind (z.B. altrechtliche Rechte zur Nutzung von Quellen oder zur Entnahme von Wasser) werden diese Rechte ebenfalls zur weiteren Duldung übernommen. Den Beteiligten ist bekannt, dass einige Gemeinden/Kirchengemeinden in der Umgebung des Büdinger Forstes so genannte "Losholzrechte" beanspruchen, die im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine kostenlose Lieferung bzw. kostenlose Selbstwerbung bzw. Bezug zu wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen von Brennholz gerichtet sind. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass solche Losholzrechte, soweit sie nicht im Grundbuch eingetragen sind, nicht insolvenzfest sind. Falls diese Rechte gleichwohl dinglich fortbestehen sollten, übernimmt sie der Käufer ..."
An dem Büdinger Wald bestanden seit alters her tradierte Holzrechte, die u.a. das Recht der Einwohner der umliegenden Orte zum Schlagen von Bauholz, Sammeln von Brennholz sowie daneben Mast- und Weiderechte umfassten. Da sich die mengenmäßig nicht beschränkten Holzeinschlagrechte der ständig wachsenden Bevölkerung zunehmend zu einer Belastung für eine geregelte Forstwirtschaft entwickelten, bestanden seit dem 19. Jahrhundert Bestrebungen, diese Holzrechte gegen Abfindung abzulösen oder auf ein bestimmtes jährliches Quantum zu beschränken. Zu diesem Zwecke wurde auf dem Gebiet des Kurfürstentums Hessen als gesetzliche Grundlage die "Verordnung betreffend die Ablösung der Servituten, die Teilung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstentum Hessen, vom 13.5. 1867" sowie das "Gesetz wegen Ergänzung beziehungsweise Abänderung der Verordnung vom 13.5.1867, betreffend die Ablösung der Servituten, die Teilung der Gemeinschaften und die Zusammenlegung der Grundstücke, für das vormalige Kurfürstentum Hessen" vom 25.7.1876 geschaffen. Art. 5 des vorgenannten Gesetzes vom 25.7.1876 lautet wie folgt:
"(1) Wenn eine Berechtigung zum Bezuge von Holz einer Gemeinde ... zusteht und der Belastete auf die Ablösung provoziert, so ist die Abfindung in bestandenen Theilen der belasteten Forst zu gewähren,...
(3) Will der Belastete nicht auf Ablösung provozieren, so kann er verlangen, dass die Berechtigungen zum Bezuge von Holz auf ein mit der rechtmäßigen Benutzung im Verhältnisse stehendes bestimmtes Holzdeputat festgesetzt werden ...
(6) Über das gelieferte Holz kann der Berechtigte frei verfügen."
Auf dieser Grundlage schlossen die damaligen Berechtigten des Fürstenhauses in den Jahren 1885 und 1887 mit den umliegenden Gemeinden, die heute Ortsteile der Klägerin sind, sog. Rezesse ab:
Mit Vertrag vom 12.02.1885 (Anlagen K 2, K 3, Anlagenband) zwischen der Gemeinde Schlierbach und den Besitzern der Waldungen Fürst X zu Ysenburg und Büdingen, Fürst Y zu Ysenburg und Büdingen und Graf Z zu Ysenburg und Büdingen als Inhaber der Fideikommisse ihrer Linien wurden die bisherigen Losholzberechtigungen "in ein bestimmtes, ein für alle Mal feststehendes,...