Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz für Befestigungsmittel ("Steckdübel II")
Leitsatz (amtlich)
Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann nachträglich dadurch eine Einschränkung erfahren, dass der Hersteller einem Mitbewerber gestattet, ein die wettbewerbliche Eigenart des Originalerzeugnisses mitbestimmendes Merkmal (hier: Exzenterzähne eines Steckdübels) in identischer Form in einem Konkurrenzerzeugnis zu verwenden mit der Folge, dass dieses Merkmal seine herkunftshinweisende Funktion verliert. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Konkurrenzerzeugnis sich bereits in großem Umfang auf dem Markt befindet (im Streitfall verneint).
Normenkette
UWG § 4 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.10.2017; Aktenzeichen 3-6 O 47/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.10.2017 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.
Die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Instanzen sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten zu 1 und 3 zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 hat die Klägerin zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 1 und 3 können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 260.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit angeblich nachgeahmten Stecktechnikprodukten.
Die in Österreich geschäftsansässige Klägerin stellt her und vertreibt seit mehr als 30 Jahren so genannte Stecktechnikprodukte. Diese dienen der Befestigung von Kunststoffrohren und Leitungen für die Elektroinstallation und können mittels einer besonderen Stecktechnik ohne weitere Hilfsmittel unmittelbar in einem Bohrloch verankert werden. Diese Art der Befestigung wird durch besonders geformte Spreizelemente - sogenannte Exzenterzähne - an der Außenseite der Steckelemente ermöglicht, die bis zum Jahr 2004 durch ein Patent geschützt waren. Zum Stecktechniksortiment der Klägerin zählen unter anderem Klemmschellen, Doppelsteckschellen, Einzelsteckschellen und Klemmbügel.
Die Beklagte zu 1 war bis Ende des Jahres 2009 exklusive Vertriebspartnerin der Klägerin in Deutschland. Geschäftsführer der Beklagten zu 1 war bis zum 6.9.2011 der Beklagte zu 2 und ist seit dem 16.6.2011 der Beklagte zu 3. Spätestens im September 2009 begann die Beklagte zu 1 mit der eigenen Fertigung von Stecktechnikprodukten, deren Vertrieb sie im Jahr 2010 aufnahm.
In einem vorausgegangenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt wurden die Beklagten mit Urteil vom 28.9.2011 zur Unterlassung des Vertriebs unlauterer Nachbildungen von Stecktechnikprodukten verurteilt (2-06 O 591/10; Anlage K2). Gegen diese Entscheidung legten die Beklagten Berufung ein. Im Berufungsverfahren erweiterte die Klägerin ihre Klage auf modifizierte Ausführungsformen der Produkte der Beklagten zu 1. Diese Ausführungsformen entsprechen den angegriffenen Produkten im vorliegenden Rechtsstreit (Anlage A). Der Senat änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage ab. Die Anschlussberufung der Klägerin wies er zurück (6 U 204/11; Anlage K5). Auf die Revision der Klägerin wurde das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (BGH GRUR 2015, 909 [BGH 22.01.2015 - I ZR 107/13] - Exzenterzähne). Im wieder eröffneten Berufungsverfahren nahmen die Beklagten ihre Berufung zurück. Dadurch verlor auch die Anschlussberufung ihre Wirkung (§ 524 IV ZPO).
Die Produkte der der Klägerin und die (modifizierten) Produkte der Beklagten zu 1 sind auf den nachfolgenden Abbildungen dargestellt:
Klägerin:
((Abbildung))
Beklagte zu 1 (Anlage A):
((Abbildungen))
Die Klägerin mahnte die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 31.1.2017 hinsichtlich der streitgegenständlichen Produkte ab (Anlage K9). Sie ist der Ansicht, es handle sich um Nachahmungen ihrer Produkte. Sie verlangt von den Beklagten Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).
Das Landgericht Frankfurt hat die Beklagten - unter Abweisung der Klage im Übrigen - wie folgt verurteilt:
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, die in Anlage A wiedergegebenen Nachbauten von Stecktechnikprodukten der Klägerin in den...