Leitsatz (amtlich)
1. Die Vermittlung von Flugtickets durch ein anderes Unternehmen im Wege des sog. Screen-Scrapings ist grundsätzlich auch dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Flugunternehmen diesen Vertriebsweg nicht wünscht; insbesondere kann hierin weder eine Verletzung des "virtuellen Hausrechts" des Flugunternehmens an seiner Internetseite noch ein Verstoß gegen die Datenbankrechte (§ 87b UrhG) des Flugunternehmens gesehen werden.
2. Die durch das Flugunternehmen aufgestellte pauschale Behauptung, die Vermittlung von Flugtickets im Wege des Screen-Scrapings sei rechtswidrig, stellt daher ebenso eine wettbewerbswidrige Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) dar wie die Ankündigung, auf diese Weise erworbene Flugtickets zu stornieren, und die Stornierung solcher Flugtickets.
Normenkette
UrhG § 87b; UWG § 4 Nr. 10
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 478/08) |
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Aktivrubrum war wie aus dem Tenor ersichtlich zu berichtigen.
Wie sich aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten niederländischen Handelsregisterauszug (Anlagen AG 34/35) ergibt, führt die unter der Firma A. B. V. eingetragene und in ... ansässige Gesellschaft neben der genannten Firma u.a. den Handelsnamen B.
Unter diesen Umständen kann kein Zweifel daran bestehen, dass Antragstellerin des für eine "B BV,...," eingereichten Eilantrages von Anfang an die unter der Firma A B. V. eingetragene niederländische Gesellschaft und nicht etwa die deutsche Gesellschaft C. de GmbH sein sollte.
2. Ohne Erfolg rügt die Antragsgegnerin erstmals mit der Berufungsbegründung die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkt ist das Eilbegehren auf das Verbot der in den Anträgen bezeichneten Handlungen in Deutschland gerichtet; hierfür ist eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte ohne weiteres gegeben. Die örtliche Zuständigkeit des LG Frankfurt/M. ist im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen (§ 513 ZPO).
3. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG ist nicht widerlegt; insoweit kann in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden.
4. Der Antragstellerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche - hinsichtlich des Antrages zu 1. in der aus dem Tenor ersichtlichen klargestellten Form - aus §§ 3, 4 Nr. 10, 8 II Nr. 1 UWG zu.
a) Der Antrag zu 2. ist - worauf der Senat in der Berufungsverhandlung hingewiesen hat - bei sachgerechter Auslegung des Vorbringens der Antragstellerin darauf gerichtet, der Antragsgegnerin die - beispielsweise in der Internet-Presseerklärung gemäß Anlage AG 19 aufgestellte - pauschale und undifferenzierte Behauptung gegenüber Dritten zu untersagen, die durch das "Screen Scraping" gekennzeichnete Geschäftstätigkeit der Antragstellerin sei als solche rechtswidrig. Für die Entscheidung kommt es daher nicht darauf an, ob einzelne Aspekte des Geschäftsgebarens der Antragstellerin wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sind.
Das in dieser Weise auszulegende Unterlassungsbegehren hat Erfolg. Die pauschale Behauptung, die Vermarktung der von der Antragsgegnerin durchgeführten Flugreisen durch Dritte im Wege des "Screen Scrapings" sei rechtswidrig, stellt eine gezielte Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) der Anbieter dieser Leistungen - und damit der Antragstellerin - dar, da die Vermittlung von Flugreisen der Antragsgegnerin durch "Screen Scraping" als solche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden ist.
Die Tätigkeit der Antragstellerin ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die Internetseite der Antragsgegnerin auf das von ihrem Kunden gewünschtes Flugziel sowie die gewünschte Flugzeit durchsucht, gegebenenfalls die gefundene Verbindung sowie den von der Antragsgegnerin geforderten Flugpreis auf ihrer eigenen Internetseite anzeigt und ihrem Kunden die unmittelbare Absendung des Buchungsauftrags ermöglicht.
In diesem Verhalten der Antragstellerin kann zunächst nicht deshalb eine Verletzung des "virtuellen Hausrechts" der Antragsgegnerin gesehen werden, weil die Antragsgegnerin sowohl in den Nutzungsbestimmungen ihrer Internetseite (Anlage AG 2, Ziff. 3.) als auch direkt ggü. der Antragstellerin erklärt hat, dass sie mit dieser Form der Nutzung ihrer Internetseite nicht einverstanden ist. Soweit das LG Hamburg (Urt. v. 28.8.2008 - 315 O 326/08) die Auffassung vertreten hat, der Betreiber einer Internetseite habe - insoweit vergleichbar dem Inhaber eines Ladengeschäfts - grundsätzlich das Recht, anderen den Zugang zu dieser Internetseite zu verweigern, und könne daher insbesondere - wie der Ladengeschäftsinhaber durch eine Hausordnung - den Zugriff auf seine Seite durch einseitig aufgestellte Nutzungsregeln in rechtlich wirksamer Weise beschränken, vermag sich der erkennende Senat dem nicht anzuschließen. Die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts in Räumen oder auf Grundstücken lässt sich mangels vergleichbarer Interessenlage auf eine Internetseite nicht übertragen. Das Hausrec...