Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob eine mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung durch eine Mobilfunkanlage einen wichtigen Grund zur Kündigung eines Mietverhältnisses darstellen kann.
Normenkette
BGB § 543
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 21.09.2005; Aktenzeichen 2 O 194/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Gießen - 2. Zivilkammer - vom 21.9.2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Räumung und Herausgabe eines Grundstücks, das die Klägerin der Beklagten mit "Nutzungsvertrag" vom 14.2.2001 zum Betrieb einer Mobilfunkanlage überlassen hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, hat das Berufungsgericht sie seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat mit Urteil vom 21.9.2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, an der Formwirksamkeit des Vertrags und der Vertretungsbefugnis der für beide Parteien handelnden Personen bestünden keine Zweifel. Solche seien auch von keiner Partei erhoben worden.
Auch im Übrigen seien Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrags oder einer seiner Bestimmungen nicht ersichtlich. Insbesondere sei die vereinbarte Vertragsdauer von 20 Jahren durchaus gesetzeskonform. Auch enthalte der Vertrag keine der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhaltende asymmetrische Kündigungsrechte zugunsten der Beklagten.
Der Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, von dem gemieteten Grundstück einen vertragswidrigen Gebrauch machen zu wollen, indem sie beabsichtige, hierauf einen 40 m hohen Funkmast zu errichten, obwohl in § 9 (3) nur eine Höhe von 30 m vorgesehen sei. Denn aus § 9 des Vertrags ergebe sich nicht, dass die 30 m die Maximalhöhe habe sein sollen; vielmehr weise § 1 (4) eine Maximalhöhe von bis zu 60 m aus.
Soweit die Klägerin auf mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen von Anwohnern und Tieren durch Strahlenbelastung verweise, stelle auch dies keinen wichtigen Grund zur Kündigung dar. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Standortbescheinigung halte die Anlage bei Einhaltung der Sicherheitsabstände die öffentlich-rechtlichen Grenzwerte der 26. BlmSchV ein. Gegenteiliges behaupte auch die Klägerin nicht. Da die Anlage damit entsprechend den geltenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen errichtet werde, sei bei Einhaltung der Grenzwerte ein Anspruch auf Unterlassen des Betriebs der Anlage nicht gegeben, da dies indiziere, dass die Einwirkungen nur unwesentlich seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin der Beklagten selbst das Aufstellen der Mobilfunkanlage durch die Vermietung des Grundstücks ermöglicht habe und mehr als die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Grenzwerte nicht Vertragsgegenstand gewesen sei.
Schließlich rechtfertigten auch die behauptete Verschandelung der Landschaft oder die für naheliegende Grundstücke oder Gewerbebetriebe zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung. Denn alle diese Umstände seien nicht erst nach Vertragsschluss eingetreten, sondern der Klägerin bereits vorher bekannt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 274-282 d.A.) Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Räumungs- und Herausgabeanspruch weiter. Sie macht nunmehr geltend, die Schriftform des Vertrags sei nicht eingehalten worden, da die Unterschrift der zweiten für die Beklagte handelnden Person nicht leserlich und auch nicht erkennbar sei, wer für die Beklagte tatsächlich den Vertrag unterschrieben habe. Es sei damit für Dritte nicht erkennbar, dass für die Beklagte ein Vertreter mit Vertretungsmacht aufgetreten sei.
Weiterhin trägt die Klägerin vor, dass ein Vertrag auch deshalb nicht wirksam zustande gekommen sei, weil die Beklagte den Vertrag innerhalb der Annahmefrist nicht angenommen habe.
Ferner ist die Klägerin der Auffassung, dass die Beklagte sich deshalb nicht vertragsgerecht verhalte, weil sie auf berechtigte Belange ihrer Vertragspartnerin keine Rücksicht nehme und somit gegen § 241 Abs. 2 BGB verstoße. Es gebe hinreichende Alternativstandorte, nämlich z.B. ... oder aber auf einem Hochspannungsmast. Diese Alternativstandorte würden von der Beklagten aber kategorisch abgelehnt.
Des Weiteren rügt die Klägerin, das LG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass für die Grundstücke in der Nachbarschaft bei Errichtung des Funkmastes erhebliche Wertminderungen eintreten würden.
Die Klägerin ist auch weiterhin der ...