Entscheidungsstichwort (Thema)

Metha-Aufsichtspflicht des Architekten zu von Fachplaner betreutem Gewerk

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpflichtung des Architekten zur Integration der Fachplanungen in seine eigene kann dazu führen, dass er diese anzupassen, d.h. seine Planung zu ergänzen oder zu korrigieren hat.

2. Der Architekt hat bei für ihn unschwer erkennbaren Anhaltspunkten für seine mangelhafte Leistung diese näher zu überprüfen oder zumindest eine Überprüfung durch den gesondert beauftragten Fachplaner sicherzustellen (hier: schiefer Bodeneinlauf). Der Umstand allein, dass dieser Fachplaner auch mit der Beaufsichtigung spezifischer Gewerke beauftragt worden ist, führt hinsichtlich deren Mängel nicht zu einer umfassenden Haftungsfreistellung für den Architekten.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 634 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.04.2020; Aktenzeichen 2-20 O 130/17)

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.04.2020 abgeändert.

Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin 235.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.07.2017 aus 66.754,00 EUR sowie aus 168.246,00 EUR seit 03.10.2020 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1.) verpflichtet ist, der Klägerin den über den in Ziffer 1. bezifferten Zahlungsbetrag hinausgehenden Aufwand und Kosten zu ersetzen, die der Klägerin entstanden sind und noch entstehen aufgrund von Feuchtigkeit und/oder Nässebildung und/oder Schimmelbildung im Erdgeschoss des Erweiterungsbaus für Essensversorgung und der Errichtung von 3 Klassenräumen der Schule1, Straße1 in Stadt1, insbesondere wegen der in diesem Rechtsstreit festgestellten Mängel bei der Überwachung von Bauleistungen und bei der Planung von Bauleistungen.

Die Berufung der Beklagten zu 1.) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 1.) hat die Kosten des Berufungsverfahrens - mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention der Streithelferin der Beklagten zu 1) - zu tragen. Der Streithelferin der Beklagten zu 1) werden die Kosten ihrer Nebenintervention auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Straße1 in Stadt1. Darauf ließ sie in den Jahren 2008 bis 2009 einen Erweiterungsbau der Schule1 errichten, der im Erdgeschoss über eine Küche, einen Speisesaal, Toiletten, Büro- und Lagerräume sowie einen Heizraum verfügt. Dort zeigten sich nach Bauerrichtung und Abnahme Feuchtigkeit im Boden und Nässe mit Schimmel an den Wänden. Die Klägerin beansprucht den Ersatz der aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten.

Die Beklagte zu 1.) war mit der Bauplanung und -überwachung entsprechend den Leistungsphasen 1 - 8 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, die Beklagte zu 2.) mit Abdichtungsarbeiten, die Beklagte zu 3.) mit Fliesen- und Plattenarbeiten, die Beklagte zu 4.) mit der Küchenplanung einschließlich der Ausführungsplanung entsprechend den Leistungsphasen 3 - 9, die Streithelferin der Beklagten zu 1.) mit dem Einbau zahlreicher Bodenabläufe und das (am Rechtsstreit nicht beteiligte) Ingenieurbüro X mit der fachtechnischen Planung und Überwachung der technischen Ausrüstung des Gebäudes beauftragt.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.04.2020 verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1.) verurteilt, an die Klägerin 66.754,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.07.2012 zu zahlen. Es hat festgestellt, dass die Beklagte zu 1.) verpflichtet ist, der Klägerin den über 66.754,00 EUR hinausgehenden Schaden, insbesondere die anfallende Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe, zu ersetzen, der der Klägerin entstanden ist oder noch entsteht aufgrund von Feuchtigkeit und/oder Nässebildung und/oder Schimmelbildung im Erdgeschoss des Erweiterungsbaus für Essensversorgung und der Errichtung von Klassenräumen der Schule1, Straße1 in Stadt1, insbesondere wegen der in diesem Rechtsstreit festgestellten Mängel bei der Überwachung der Bauleistungen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten zu 1.), mit der diese ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie rügt, das Urteil des Landgerichts sei bereits deswegen fehlerhaft, weil es die Verurteilung der Beklagten zu 1.) darauf stütze, dass im Flur keine Abdichtung vorhanden sei. Denn diese Annahme finde in der Urteilsbegründung keine Stütze. ...

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