Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit einer in Kanada geschlossenen Ehe brasilianischer Staatsangehöriger
Leitsatz (redaktionell)
Nichtigkeit einer in Kanada geschlossenen Ehe und deren Ehescheidung nach brasilianischem Recht
Normenkette
BGBEG Art. 13, 17
Tenor
Das angefochtene Urteil wird abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die am ... 1988 vor dem Eheschließungsbeamten der Provinz von O10/Kanada zu Nr. ... geschlossene Ehe der Parteien nichtig ist.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin 4/5, der Antragsgegner 1/5.
Gründe
Die Parteien haben am ... 1997 in Brasilien die Ehe geschlossen. Die Antragstellerin hat die deutsche und die brasilianische, der Antragsgegner die italienische und die brasilianische Staatsangehörigkeit. Die Parteien waren bereits im April 1988 in O10, Kanada, die Ehe eingegangen, wobei der Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet war. Vor ihrer erneuten Eheschließung im Jahre 1997 schlossen sie am ... 1997 in O1 einen Ehevertrag. Nach der Eheschließung lebten sie in unterschiedlichen Ländern, zuletzt in den Niederlanden, wo der Antragsgegner heute noch lebt und arbeitet. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen.
Seit dem 3.3.2004 leben die Parteien von einander getrennt. An diesem Tag verließ die Antragstellerin die Ehewohnung und reiste nach Brasilien.
Im März 2005 reichte der Antragsgegner bei einem brasilianischem Gericht einen Antrag auf gerichtliche Trennung ein, im September 2006 erfolgte die Umwandlung in ein Scheidungsverfahren.
Die Antragstellerin hat im Laufe des Jahres 2004 einen Wohnsitz in Deutschland begründet. Im November 2004 ist sie nach O2 gezogen und hat sich dort polizeilich angemeldet. Sie hat mit am 22.12.2005 beim Familiengericht Seligenstadt eingegangenen und am 7.2.2006 zugestellten Antrag die Scheidung der Ehe beantragt.
Das Familiengericht hat in dem angefochtenen Urteil sowohl den Scheidungsantrag zurückgewiesen, als auch den hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der in O10 im Jahre 1988 geschlossenen Ehe der Parteien.
Auf den Scheidungsantrag hat das Familiengericht brasilianisches Recht angewendet. Zur Anwendung dieses Rechts führte der letzte gemeinsame Aufenthalt der Parteien in den Niederlanden, dessen nationales Privatrecht für die Beurteilung eines Scheidungsantrags auf das Recht verweist, mit dem die Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände die engste Verbindung haben. Im angefochtenen Urteil wird dazu ausgeführt, die effektive Staatsangehörigkeit beider Parteien sei die brasilianische. Sie seien nicht nur in Brasilien geboren und hätten dort geheiratet, sondern dort auch einen Ehevertrag vor ihrer Eheschließung abgeschlossen. Schon damit hätten sie die besondere Verbundenheit mit Brasilien dokumentiert, dessen Heiratsrecht sie sich mit diesem Vertrag unterstellten. Hinzu komme, dass die Parteien ausweislich des Ehevertrages damals in Brasilien wohnhaft gewesen seien. In der Folgezeit hätten die Parteien immer in unterschiedlichen Staaten (Kanada, Tschechien, Italien, Niederlande) gelebt, ohne sich in diesen Ländern dauerhaft niederzulassen. Erst nach der Trennung sei die Antragsgegnerin nach Deutschland gezogen. Vor diesem Hintergrund könne nicht angenommen werden, dass sie eine engere Verbindung mit Deutschland unterhalte als mit Brasilien. Für den Antragsgegner gelte dies in gleicher Weise, insbesondere könne auch nicht von einem dauerhaften Aufenthalt in den Niederlanden und der Verbindung mit diesem Land gesprochen werden, alle seine Auslandaufenthalte seien beruflich bedingt gewesen.
Das auf den Scheidungsantrag anzuwendende brasilianische Recht führe zur Abweisung des Scheidungsantrags, weil er zu früh eingereicht worden sei. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit hätten die Parteien noch keine zwei Jahre getrennt gelebt, wie es Art. 1580, § 2C Brasilianisches Familiengesetzbuch als Voraussetzung für die Scheidung voraussetze. Entscheidend sei dabei für den Ablauf der Trennungszeit der Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage. Dieser ergebe sich aus dem von dem Gericht zur Anwendung des brasilianischen Rechts eingeholten Sachverständigengutachtens. Die faktische Trennung sei erst am 3.3.2004 vollzogen worden. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags am 23.12.2005 sei die vom brasilianischen Recht vorgeschriebene Mindestfrist daher nicht eingehalten gewesen.
Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrages, die Ehe der Parteien für nichtig zu erklären, hat das Familiengericht ausgeführt, es fehle an einem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Die Nichtigkeit der Eheschließung trete nach dem maßgebenden Recht von O10 ex lege ein. Es bedürfe daher keiner gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin Berufung eingelegt mit der sie weiter die Scheidung der Ehe begehrt sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs und nachehelichen Unterhalt. Hilfsweise verfolgt sie weiter ihren Antrag auf Festste...