Entscheidungsstichwort (Thema)
D&O-Versicherung für ehemaligen Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft umfasst auch vorläufige Deckung für PR-Kosten
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.05.2021; Aktenzeichen 2-08 O 44/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.05.2021 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.
Der Verfügungsbeklagten wird geboten, dem Verfügungskläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Rechtsstreit Az. ... / ... vertragsgemäßen Versicherungsschutz unter Berücksichtigung des vereinbarten Sublimits in Form von Public-Relations-Kosten zu gewähren, insbesondere ihn von den durch die Beauftragung der Rechtsanwaltssozietät S ab dem 01.02.2021 entstandenen und entstehenden Rechtsverfolgungskosten sowie von den durch die Beauftragung der PR-Agentur T ab dem 01.03.2021 entstandenen und entstehenden Kosten freizustellen.
Von den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens erster Instanz haben der Verfügungskläger 1/3 und die Verfügungsbeklagte 2/3 zu tragen, die Kosten der Berufungsinstanz hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
Gründe
I. Der Verfügungskläger macht als versicherte Person im Wege einer einstweiligen Verfügung aus einer bei der Verfügungsbeklagten bestehenden D&O-Versicherung Versicherungsschutz in Form der Gewährung sogenannter Public-Relations-Kosten geltend.
Der Verfügungskläger war seit 2002 Mitglied des Vorstandes der X AG und später ihr Vorstandsvorsitzender.
Die X AG unterhielt als Versicherungsnehmerin bei der Verfügungsbeklagten seit 2002 eine D&O-Versicherung für Organmitglieder und leitende Angestellte. Der Versicherung lagen die Bedingungen Z1 2015 (im Weiteren: Z) zugrunde. Unter anderem war danach auch der Ersatz von Public-Relations-Kosten (im Weiteren: PR-Kosten) nach Ziffer 4.12 Z versichert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Versicherungsvertrag sowie die Bedingungen Bezug genommen.
Der Verfügungskläger trat am 19.06.2020 von seiner Position als Vorstandsvorsitzender und Mitglied des Vorstandes im Zusammenhang mit dem sogenannten X-Skandal zurück. Gegen den Verfügungskläger wurde in der Folgezeit ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Stadt2 (Az. ...) unter anderem wegen des Verdachts der Bilanzfälschung, Untreue, Marktmanipulation und Verstößen gegen das WpHG in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der X AG eingeleitet. Seit Juni 2020 befindet sich der Verfügungskläger in Untersuchungshaft. Er weist alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unbegründet zurück.
Ab Juni 2020 wurde in den Medien fortdauernd über den Verfügungskläger als angeblicher Chef einer kriminellen Bande und sein pflichtwidriges Verhalten in diesem Zusammenhang berichtet.
Der Verfügungskläger beauftragte vor diesem Hintergrund die auf Presserecht spezialisierte Anwaltskanzlei S sowie zusätzlich die Presseagentur T. Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Vertragsdokumente (Bl. 79, 274 d. A.) Bezug genommen. Die dafür anfallenden Kosten verlangt er von der Verfügungsbeklagten im Rahmen des zugesagten Versicherungsschutzes ersetzt. Die Verfügungsbeklagte lehnt die Gewährung von Versicherungsschutz in Hinblick auf die PR-Kosten ab.
Dem vorliegenden Verfahren vorausgegangen ist ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-08 O 320/20) sowie in der Berufungsinstanz vor dem Senat (Az. 7 U 19/21), in dem der Verfügungskläger bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in Form von Verteidigungskosten für die Abwehr einer Vielzahl gegen ihn gerichteter Haftpflichtansprüche begehrt hat. Durch Urteil vom 07.07.2021, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat der Senat entschieden, dass dem Verfügungskläger dem Grunde nach vorläufige Deckung für Verteidigungskosten zu gewähren und es der Verfügungsbeklagten mit Blick auf die Zusage vorläufiger Abwehrkosten verwehrt ist, sich auf einen Ausschluss wegen Arglist zu berufen.
Der Deckungsklage des Verfügungsklägers im Hauptsacheverfahren (Az. ...) hat das Landgericht Frankfurt am Main mittlerweile mit Urteil vom 20.07.2021 ganz überwiegend stattgegeben und sich der rechtlichen Auffassung des Senats angeschlossen. Den mit der Deckungsklage ebenfalls verfolgten Anspruch auf Gewährung von PR-Kosten hat es hingegen abgewiesen. Der Verfügungskläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, die ebenfalls bei dem Senat anhängig ist (Az. ...). Die Verfügungsbeklagte hat ihre Verurteilung zur Gewährung vorläufiger Abwehrkosten nicht angefochten.
Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht die begehrte einstweilige Verfügung, die noch einen weiteren Anspruch auf Deckung für Verfahren in Österreich zum Gegenstand hatte, durch Beschluss vom 12.02.2021, berichtigt durch Beschluss vom 17.02.2021, erlassen. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat es mit Urteil vom 21.05.2021, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, den Beschluss au...