Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzregelung im qualifizierten Makleralleinauftrag als Grundlage einer entgeltlichen Schuldnerleistung (§§ 129, 134, 143 InsO)
Leitsatz (amtlich)
Eine anfechtbare unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 InsO liegt nicht vor, wenn der Schuldner auf Grund einer Regelung im qualifizierten Makleralleinauftrag Zahlungen leistet, die eine Schadensersatzpflicht des Schuldners im Falle einer Eigenvermittlung des Objekts vorsieht.
Normenkette
BGB § 652; InsO §§ 129, 134, 143
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 06.01.2011) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.1.2011 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Gießen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.505,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.12.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 9/10, die Beklagte 1/10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte darf ihrerseits die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter wegen Insolvenzanfechtung gegen die Beklagte Ansprüche auf Rückerstattung vereinnahmter Zahlungen i.H.v. insgesamt 67.088,60 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend. Die für die Insolvenzschuldnerin, die A. gesellschaft mbH, als Maklerin tätige Beklagte erhielt von der Schuldnerin hinsichtlich von dieser selbst vermittelter Eigentumswohnungen in dem von der Schuldnerin als Bauträger errichteten Objekt am 18.4.2005 eine Zahlung i.H.v. 7.505,20 EUR sowie in der Zeit vom 18.5.2005 bis 14.10.2005 weitere vier Zahlungen im Umfang von insgesamt 59.583,40 EUR. Grundlage der Zahlungen der Schuldnerin war eine zwischen der Schuldnerin und der Beklagten am 2.5.2005 getroffene Vereinbarung, die u.a. zum Gegenstand hatte, dass die Schuldnerin im Falle einer Selbstvermittlung an die Beklagte für das dieser dadurch entgangene Geschäft den entstandenen Provisionsverlust von pauschal 2 % netto aus dem jeweilig protokollierten Kaufpreis als Vertragsstrafe zahlt. Die Vereinbarung war bis zum 31.7.2005 befristet und mit einer monatlichen Verlängerungsklausel versehen.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Zahlungen an die Beklagte nach §§ 143, 129, 134 InsO anfechtbar seien, weil es sich um unentgeltliche Zahlungen der Schuldnerin i.S.d. § 134 InsO gehandelt habe, denen keine ausgleichende Gegenleistungen der Beklagten gegenüber stünden. Bei der Vereinbarung vom 2.5.2005 handele es sich nicht um einen entgeltlichen Vertrag, auf Grund dessen eine Verpflichtung der Schuldnerin zur Zahlung begründet sei. Insbesondere sei in der Vereinbarung eine konkrete Tätigkeit der Beklagten nicht beschrieben, insbesondere keine Tätigkeitspflicht. Eine solche ergebe sich auch nicht aus einem Makleralleinauftrag, da ein solcher nicht vorliege. Zum einen fehle es in der Vereinbarung an der Bestimmung einer Tätigkeitsverpflichtung der Beklagten, zum anderen sei auch kein Verzicht der Schuldnerin auf die Einschaltung anderer Makler enthalten.
Letzteres ergebe sich bereits daraus, dass in der Vereinbarung bestimmt sei, dass ein anderer Makler einen entsprechenden Verkaufsauftrag mit separater Vereinbarung enthalten solle. Die Zahlung des Betrages i.H.v. 7.505,20 EUR sei überdies bereits vor Abschluss der Vereinbarung vom 2.5.2005 erfolgt. Hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs hat das LG Zinsen nur aus dem Gesichtspunkt des Verzuges und nicht bereits ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugesprochen. Den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat das LG abgewiesen.
Hiergegen richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers. Die Parteien begründen ihre jeweiligen Rechtsmittel unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie beantragt ihrerseits im Wege der Anschlussberufung, das Urteil des LG abzuändern und die Beklagte zur Zahlung weiterer Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basis...