Entscheidungsstichwort (Thema)
Unaufgeforderte E-Mail-Werbung durch auf ein gemeinnütziges Projekt hinweisende SMS-Mitteilung
Leitsatz (amtlich)
Auch eine SMS-Mitteilung, durch die auf ein gemeinnütziges Projekt hingewiesen wird, stellt Werbung dar, wenn aus ihr das werbende Unternehmen und dessen Geschäftsgegenstand hinreichend erkennbar wird; die Versendung einer solchen SMS ohne vorherige Zustimmung des Empfängers ist daher als unlautere belästigende Werbung einzustufen.
Normenkette
UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 20.01.2016; Aktenzeichen 5 O 71/15) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.1.2016 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Hanau wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu Ziff. 1. a) um den Zusatz "mit dem in den Entscheidungsgründen festgestellten Inhalt" ergänzt wird.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 20.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche wegen belästigender Werbung geltend.
Die Beklagte betreibt ein Autohaus für die Marke X. Am 23.03.2015 rief eine Mitarbeiterin des Callcenters der Beklagten, die Zeugin Z1, den Zeugen Z2 auf seinem Mobiltelefon an. Der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig. Eine Einwilligung des Zeugen Z2 in den Erhalt von Werbeanrufen lag nicht vor.
Am 22.08.2015 versandte die Beklagte drei SMS an den Zeugen Z2, die einen Link auf eine Internetseite enthielten. In den Nachrichten forderte die Beklagte zur Teilnahme an einem Online-Voting des X-Konzerns für ein gemeinnütziges Projekt der Beklagten auf. Weder in den SMS noch auf der verlinkten Internetseite wurde darauf hingewiesen, dass der Kunde einer Verwendung seiner Mobilfunknummer für diese Zwecke widersprechen könne, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Die Klägerin hat behauptet, bei dem Anruf vom 23.03.2015 sei dem Zeugen Z2 angeboten worden, die anstehende Hauptuntersuchung an seinem Fahrzeug in der Werkstatt des Beklagten vornehmen zu lassen. Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, bei dem Anruf sei es um eine sicherheitsrelevante Rückrufaktion für das Fahrzeug der Frau des Zeugen gegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, geschäftlich handelnd
a) Verbraucher unaufgefordert und ohne ihr vorheriges Einverständnis anzurufen und/oder anrufen zu lassen, um einen "TÜV-Service" an einem Kraftfahrzeug zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie in dem Telefonat mit dem Zeugen Z2 am 23.03.2015 um 13:20 Uhr;
b) Kunden per SMS zu Zwecken der Werbung zu kontaktieren und/oder kontaktieren zu lassen, ohne den Kunden klar und deutlich darauf hinzuweisen, dass er der Verwendung seiner Telefonnummer zu diesen Zwecken jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach dem Basistarif entstehen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K2 wiedergegeben.
Das LG hat die Beklagte außerdem zur Zahlung von Abmahnkosten verurteilt. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass in Ziffer 1a) des Tenors des angefochtenen Urteils die Worte angefügt werden "mit dem in den Entscheidungsgründen festgestellten Inhalt".
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 II Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat den Klageantrag zu 1. a) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf gerichtlichen Hinweis dahingehend konkretisiert, dass er das Telefonat mit dem in den Entscheidungsgründen festgestellten Inhalt als konkrete Verletzungsform zum Gegenstand hat.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 8 I, III Nr. 2, § 7 I S. 1, II Nr. 2 UWG auf Unterlassung unerbetener Telefonwerbung zu.
a) Nach den Feststellungen des LG hat eine Call-Center-Mitarbeiterin der Beklagten am 23.3.2015 den Zeugen Z2 angerufen und für den TÜV-Service der Beklagten geworben. Eine vorherige ausdrückliche Einwilligung lag nicht vor. Der Tatbestand der unzumutbaren Belästigung ist damit erfüllt. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Geschäftsführers der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob der ...