Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast für den Erschöpfungseinwand
Leitsatz (amtlich)
1. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Erschöpfungsvoraussetzungen (§ 24 I MarkenG) trifft den Beklagten bzw. Antragsgegner unabhängig davon, ob der Markeninhaber behauptet, die beanstandeten, mit der Marke versehenen Erzeugnisse seien gefälscht, oder ob er geltend macht, es handele sich um Originalware, die nicht von ihm oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht worden sei.
2. Die vom Europäischen Gerichtshof und vom BGH für den Fall vorgenommene Modifikation der in Ziff. 1. dargestellten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, dass diese Verteilung zur Gefahr einer Marktabschottung führen würde, gilt auch dann, wenn der Markeninhaber das Vorliegen einer gefälschten Ware behauptet.
3. Der Vorwurf des Angebots und Vertriebs gefälschter Ware einerseits und "nicht erschöpfter" Originalware andererseits kann mit einem einheitlichen Klageantrag verfolgt werden (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des BGH - "Converse I und II"). Die Begründung eines etwaigen Vollstreckungsantrags muss sich jedoch daran orientieren, auf welchen dieser Gesichtspunkte ein antragsgemäß erlassenes Verbot gestützt worden ist.
Normenkette
MarkenG § 24 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.07.2012; Aktenzeichen 2-6 O 176/12) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin wird, nachdem die Antragstellerin den Auskunftsantrag zurückgenommen hat, mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass hinsichtlich des Sequestrationsantrages die Erledigung der Hauptsache festgestellt wird.
Die Kosten des Eilverfahrens hat die Antragstellerin zu 20 %, die Antragsgegnerin zu 80 % zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das LG hat es der Antragsgegnerin im Beschlusswege per einstweiliger Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel antragsgemäß untersagt, Schuhe, die mit dem Zeichen "CONVERSE" und/oder mit einem Wort-/Bildzeichen wie im Tenor der Beschlussverfügung wiedergegeben gekennzeichnet sind, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, abzugeben, feilzuhalten oder sonst in den Verkehr zu bringen und/oder einzuführen, sofern diese Schuhe nicht durch die Converse Inc. oder mit deren Zustimmung hergestellt und im Inland, einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem weiteren Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
Diese Beschlussverfügung hat das LG mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragsgegnerin habe die Rechte der Firma Converse Inc. an den streitgegenständlichen Marken verletzt. Die von dem Testkäufer A am 16.1.2012 in zwei verschiedenen ...-Märkten erworbenen Converse-Schuhe, die über die Firma B GmbH von der Antragsgegnerin stammten, seien unstreitig mit beiden streitgegenständlichen Marken versehen gewesen, so dass eine Doppelidentität i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz gegeben sei. Für das Vorliegen der Zustimmung des Markeninhabers i.S.v. § 14 Abs. 2 Markengesetz sei grundsätzlich die Antragsgegnerin darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig. Die Kammer halte das Vorliegen einer Zustimmung der Converse Inc. vorliegend nicht für überwiegend wahrscheinlich. Die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass die streitgegenständlichen Seriennummern auf den Schuhen den Schluss auf Produktimitationen zuließen. Demgegenüber habe die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie Original-Markenware vertrieben habe. Die Glaubhaftmachungslast hierfür liege bei ihr; im Streitfall komme keine Umkehr der Glaubhaftmachungslast zu ihren Gunsten in Betracht.
Eine andere Verteilung der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast gelte nach der Rechtsprechung des BGH nur, wenn die Beweisführung durch den in Anspruch genommenen Dritten es dem Markeninhaber ermöglichen würde, die nationalen Märkte abzuschotten. Hiervon sei im Streitfall nicht auszugehen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, die Originalität der vertriebenen Ware sei weder Tatbestandsmerkmal der markenrechtlichen Ansprüche des Rechtsinhabers noch des solche ausschließenden Erschöpfungseinwands. Entscheidend sei allein, ob die konkret vertriebene Ware durch den Rechtsinhaber oder jedenfalls mit seiner Zustimmung im EWR in Verkehr gebracht worden sei. Dies sei vorliegend der Fall.
Im November 2011 habe die Antragsgegnerin von der C Ltd. in Stadt1 13.620 Paar Sportschuhe der Marke Converse, Modell CT AllStar, Canvas, HI Shoes farbig und nach Größe sortiert gekauft. Die Schuhe stammten von einem in der Europäischen Union, aber nicht in Deutschland ansässigen Lizenznehmer der Inhaberin der Marken Converse und AllStar, der Converse Inc. aus Stadt2/US...