Entscheidungsstichwort (Thema)
Markenrecht: Darlegungs- und Beweislast für Erschöpfungseinwand; Zivilprozess: Präklusion verspäteten Vorbringens nach der Berufungsbegründung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei Erhebung des Erschöpfungseinwands, auch unter dem Gesichtspunkt einer drohenden Marktabschottungswirkung
2. Ist dem Beklagten und Berufungskläger bei Einreichung der Berufungsbegründung aus einem vorausgegangenen Eilverfahren bekannt, dass das Berufungsgericht ihn hinsichtlich des erhobenen markenrechtlichen Erschöpfungseinwands für darlegungs- und beweispflichtig hält, ist ein unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gehaltener neuer Vortrag, mit dem die Lieferkette offengelegt werden soll, als verspätet zurückzuweisen.
Normenkette
MarkenG § 24; ZPO § 296 Abs. 1, §§ 520, 530
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.04.2014; Aktenzeichen 2-6 O 144/13) |
BGH (Aktenzeichen I ZR 4/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.04.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird mit folgenden Maßgaben zurückzuweisen:
1.) In Ziffern V.) und VI.) des Tenors wird folgender Satz angefügt:
"Diese Verpflichtung beschränkt sich auf diejenigen Schuhe, die aus denselben Lieferungen stammen wie die Schuhe, welche der Testkäufer A am 16.01.2012 in der Filiale der B. Warenhaus GmbH in Stadt1 und am selben Tag in der Filiale der B1 ... Warenhaus GmbH in der ... Str ... in Stadt2 erworben hat.
2.) Ziffer VII. des Tenors wird insgesamt neu gefasst wie folgt:
"Der Klägerin wird gestattet, nach Rechtskraft des Urteils ein Kurzrubrum sowie den Tenor des Urteils durch eine viertelseitige Anzeige in einer von der Klägerin festzulegenden überregional erscheinenden Tageszeitung auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen."
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der im Tenor des angefochtenen Urteils unter X.) aufgeführten Beträge abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Das US-amerikanische, zum NIKE-Konzern gehörende Unternehmen "Firmenname" Inc. war Inhaberin der Deutschen Wortmarke "Converse" (DE 02001711) sowie der Deutschen Wort-/Bildmarke [Graphische Darstellung - nicht abgebildet - die Red.] (DE 1129307). Diese Marken sind jeweils in der Warenklasse 25 für Schuhwaren eingetragen. Unter ihnen bringen Lizenzunternehmen der Markeninhaberin weltweit den bekannten Freizeitschuh "..." in den Verkehr.
Ursprüngliche Klägerin dieses Rechtsstreits ist die C. GmbH, eine ausschließliche Vertriebsgesellschaft der "Firmenname" Inc. für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Mit Schriftsatz vom 13.11.2013 hat die Klägerseite einen Klägerwechsel vorgenommen; nunmehr klagt die niederländische Gesellschaft D. C. V. wegen Verletzung der Klagemarken.
Die Beklagte zu 1. bezog im November 2011 von der Firma E. Limited in Stadt3 13.620 Paar Converse-Schuhe, die mit den beiden Klagemarken versehen waren. Sie lieferte sämtliche Schuhe an die Firma F GmbH weiter, die sie ihrerseits an die Kaufhauskette B veräußerte.
Im Januar 2012 tätigte ein Mitarbeiter des NIKE-Konzerns, der Zeuge A, in einem B-Markt in Stadt1 einen Testkauf.
Das LG Frankfurt am Main verpflichtete die Beklagte zu 1) per einstweiliger Verfügung vom 17.04.2012 zur Unterlassung, Herausgabe von noch in ihrem Besitz befindlichen Schuhen an einen Gerichtsvollzieher sowie zur Auskunft.
Diese Entscheidung wurde mit Urteil des Senats vom 07.02.2013 (Az. 6 U 188/12) im Wesentlichen bestätigt.
Die Klägerin hat behauptet, bei den im Wege des Testkaufs erworbenen Schuhen handele es sich um Fälschungen. Sie stützt den Fälschungsvorwurf in erster Linie auf nach ihrem Vortrag falsche "Avery-Dennison-Codes" und behauptet hierzu, der Zeuge A habe die Codes auf dem "Tongue-Label" der Schuhe mit der "Avery-Dennison"-Datenbank abgeglichen; die entsprechenden Codes seien nicht in der Datenbank enthalten gewesen.
Die Beklagten haben behauptet, bei den von dem Zeugen erworbenen Schuhen handele es sich um Originalware. Die Beklagten sind der Auffassung, ihnen obliege nicht die Beweislast dafür, dass die Markenrechte der Klägerin, deren Aktivlegitimation sie im Übrigen bestreiten, erschöpft seien, da im Falle einer Offenbarung der Lieferkette eine Abschottung der nationalen Märkte drohe.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Teilurteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das LG hat die Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, Schuhe, wie im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegeben, innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bzw. innerhalb der Europäischen Gemeinschaft anzubieten, feilzuhalten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, sofern diese Sc...