Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeldansprüche für beleidigende Äußerungen
Leitsatz (amtlich)
Zu Schmerzensgeldansprüchen für beleidigende Äußerungen im Rahmen eines Nachbarschaftsstreits.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 2 O 226/06) |
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten, einer Nachbarin, Unterlassung bestimmter, insbesondere beleidigender Äußerungen sowie die Zahlung eines Schmerzensgelds und den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 278 bis 282 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme die Beklagte strafbewehrt verurteilt, es zu unterlassen, die Klägerin mit Ausdrücken wie "blöde Kuh, asoziales Pack, Hexe" oder ähnlichem zu beschimpfen sowie Dritten gegenüber zu behaupten, die Klägerin vernachlässige ihre Aufsichtspflicht ggü. den eigenen und fremden Kindern; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 283 bis 291 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 16.1.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 30.1.2009 bei Gericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 16.3.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Unterlassung beleidigender Äußerungen gegenüber ihren Kindern, auf Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten weiter.
Soweit das LG eine Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung beleidigender Äußerungen ggü. den Kindern der Klägerin abgelehnt habe, rügt die Klägerin das Vorliegen eines Überraschungsurteils, da das LG nicht darauf hingewiesen habe, dass es den Antrag nicht für zulässig bzw. für unbegründet erachte. Zudem hätte das LG auf eine umfängliche Aufklärung des Sachverhalts auch in Bezug auf die Äußerungen, die ggü. den Kindern erhoben worden seien, dringen müssen. Der Rechtsstreit sei an das LG zurückzuverweisen, wo nach entsprechendem Hinweis des LG und ergänzendem Vortrag erneut in die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme einzutreten sein werde.
Zu Unrecht habe das LG der Klägerin einen Schmerzensgeldanspruch versagt. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum hinweg, regelmäßig und für eine Vielzahl von Personen hörbar, Beleidigungen und Falschbehauptungen geäußert. Es habe im Bestreben der Beklagten gelegen, der Klägerin und ihrer Familie durch fortdauernde Beleidigung und Anzeigen bei Dritten körperlichen und seelischen Schaden zuzufügen. Die Klägerin und ihre Familie sei über Monate hinweg gezieltem Mobbing, Psychoterror und üble Nachrede ausgesetzt gewesen. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob tatsächlich Gesundheitsschäden eingetreten seien.
Schließlich sei die Beklagte auch zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verpflichtet, da das Anwaltsschreiben vom 28.6.2006 in die Post gegangen sei, ohne dass es zu einem Rücklauf gekommen wäre.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des am 18.12.2008 verkündeten Urteils des LG Wiesbaden, Az. 2 O 226/06, zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, die Kinder der Klägerin,...,... und ..., mit Ausdrücken, wie "blöde Kuh", "dreckige Hexe", "Sackgesicht", "Schleiereule" oder ähnlichem zu beschimpfen;
2. an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 1.500 EUR, im Weiteren in das Ermessen des Gerichts gestellt, zu zahlen;
3. die vorgerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin i.H.v. 841,45 EUR zu tragen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es handele sich nicht um ein Überraschungsurteil. Im Zuge der Beweisaufnahme habe sich nicht bestätigt, dass sie, die Beklagte, ggü. den Kindern der Klägerin beleidigende Äußerungen getätigt habe. Zudem hätte die Klägerin diesbezüglich ihre Darlegungslast nicht erfüllt.
Die Beklagte schulde auch nicht die Zahlung von Schmerzensgeld. Es handele sich um eine Nachbarschaftsstreitigkeit, bei der beleidigende Äußerungen allenfalls ggü. der Klägerin getätigt worden seien, ggf. in der Form, dass der eine oder andere Nachbar etwas mitbekommen habe. Es habe sich um banale Ausdrücke und damit Bagatellbeleidigungen gehandelt, denen ein konkreter Anlass zugrunde gelegen habe. Eine Gesundheitsbeschädigung der Klägerin sei nicht substantiiert dargelegt worden. Schließlich bestreitet die Beklagte weiterhin den Zugang des anwaltlichen Schreibens vom 28.6.2006.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
I. Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.
1. Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit die Klägerin Unterlassung von beleidigenden Äußerungen gegenüber ihren Kindern begehrt.
Das LG hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin insoweit nicht anspruchs-, sondern allenfalls vertretungsberechtigt ist. Unterlassungsansprüche sind nämlich höchstpersönliche Ansprüche (Soehring, Presserecht, Rz. 30.5), die von d...