Leitsatz (amtlich)

1. Zur Rechtserhaltung einer Gemeinschaftsmarke genügt die Benutzung in einem Mitgliedsland. Eine Benutzung in allen oder auch nur mehreren EU-Ländern ist nicht erforderlich.

2. Zur Frage, wann eine markenmäßige Benutzung eines Zeichens vorliegt.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 42/06)

 

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313 a ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Antragsgegner bleibt in der Sache im Ergebnis erfolglos.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Antragstellerin aufgrund ihrer Gemeinschaftsmarke (Wort- / Bildmarke) "Reformhaus", Nr. ..., gemäß Art. 9 Abs. 1 b) VO 40/94/EG (GMV) zu.

Die von der Antragsgegnerin hinsichtlich der Gemeinschaftsmarke erhobene Nichtbenutzungseinrede greift nicht durch. Die Marke ist von der Antragstellerin bzw. ihren Kooperationspartnern (Art. 15 Abs. 3 GMV) rechtserhaltend benutzt worden. Zahlreiche Waren, die in Deutschland in Reformhäusern vertrieben werden, insb. sog. "X-Vertragswaren" tragen das Kennzeichen "Reformhaus" in blau/grüner Aufmachung mit weißer Schrift und einer welligen Ausgestaltung des grünen Bildbestandteils. Die Antragstellerin hat diese Markenbenutzung, insbesondere durch die eidesstattliche Versicherung ihres Vorstands A vom 22.03.2006 nebst den beigefügten Anlagen (Anlage ASt 14 / Bl. 192 ff. d.A.), hinreichend glaubhaft gemacht und belegt. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung steht außer Frage.

Der Einwand der Antragsgegnerin, für eine Gemeinschaftsmarke seien Benutzungsumfang und Benutzungsgebiet "zu spärlich", ist demgegenüber unbegründet. Denn zur Rechtserhaltung einer Gemeinschaftsmarke genügt die Benutzung in einem Mitgliedsland. Eine Benutzung in allen oder auch nur mehreren EU-Ländern ist nicht erforderlich (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 125b Rdnr. 10). Aber selbst wenn man die Benutzung in mehr als einem EU-Land für erforderlich hielte (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 125b Rdnr. 13), so wäre diese Voraussetzung hier erfüllt, weil die fragliche Wort-/Bildmarke auch in Österreich benutzt wurde.

Die Antragstellerin hat die Marke für Waren, insbesondere für Lebensmittel, benutzt und nicht nur für die Dienstleistung des Warenverkaufs oder als Unternehmenskennzeichen (vgl. zur Abgrenzung: BGH, WRP 2005, 1527 ff. - OTTO; WRP 2006, 241 ff. - NORMA). Die Verfügungsmarke wird - in der Art einer Zweitmarke - (auch) für Waren benutzt, weil sie (auch) auf den Verpackungen aufgebracht ist, und zwar von vornherein als deren originärer Bestandteil, nicht etwa wie ein erkennbar nachträglich aufgeklebtes (Preis-) Etikett (vgl. BGH - NORMA, WRP 2006, 241, 243 Rdnr. 17). Damit ist der notwendige konkrete Bezug zur Ware hergestellt. Für den Verkehr ist offensichtlich, dass mit der auf der Verpackung angebrachten Verfügungsmarke eine Aussage über die Ware getroffen werden soll, die über eine bloße Benennung desjenigen, der die Ware dem Endverbraucher zum Verkauf anbietet, hinausgeht. Die Marke, mit der nur sog. "X-Vertragswaren" versehen werden, wirkt, wie die Antragstellerin zu Recht geltend macht, ähnlich wie ein Güte- oder Qualitätssiegel und ist in dieser Funktion auf die Ware bezogen. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Verfügungsmarke in Alleinstellung verwendet wird oder in Verbindung mit einer Textzeile wie beispielsweise "Spitzenqualität aus Ihrem ..." oder "Exklusiv im ...".

Soweit die Antragsgegnerin bei der Verfügungsmarke einen Hinweis auf den Hersteller des Produkts bzw. den Erzeugungsbetrieb vermisst, steht dieser Umstand einer markenmäßigen Benutzung der Verfügungsmarke für Waren nicht entgegen. So enthalten auch Handelsmarken, die der Kennzeichnung von Waren dienen, keinen Hinweis auf den Produzenten. Gleichwohl enthalten derartige Marken und ebenso die Verfügungsmarke einen Herkunftshinweis im Sinne des Markenrechts. Sie haben eine Garantiefunktion, da auch der Händler oder wie im vorliegenden Fall eine Genossenschaft, in der Händler organisiert sind, in den Prozess der Qualitätssicherung einbezogen sein kann, was durch die Verwendung einer Handels- oder einer auf die Organisation hinweisenden Marke warenbezogen zum Ausdruck gebracht wird.

Die angegriffene Bezeichnung wird von der Antragsgegnerin, wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, markenmäßig benutzt.

Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 1 b) GMV setzt grundsätzlich voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH, WRP 2005, 610, 612 - Russisches Schaumgebäck m.w.N.; EuGH, WRP 2002, 1415, 1419 f., Tz. 48 ff. - Arsenal). Die Herkunftsfunktion ist bereits dann berührt, wenn die Benutzung des Zeichens den Eindruck aufkommen lässt, es bestehe eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge