Entscheidungsstichwort (Thema)

Markenverletzung: Unterscheidungskraft und Schutzumfang einer Marke mit beschreibendem Anklang; Verfügungsgrund bei anhängigem Löschungsantrag; Sequestrationsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein gegen die Verfügungsmarke gerichteter Löschungsantrag kann zur Verneinung des Verfügungsgrundes führen, wenn mit der Nichtigerklärung der Marke unmittelbar zu rechnen ist; Voraussetzung hierfür ist in aller Regel, dass der Löschungsantrag auf neue - durchgreifend erscheinende - tatsächliche oder rechtliche Argumente gestützt ist, die bei der Eintragungsentscheidung voraussichtlich nicht berücksichtigt worden sind (im Streitfall verneint).

2. In der Verwendung des Zeichens "Multi Star" für Elektrogeräte kann ungeachtet des beschreibenden Anklangs eine markenmäßige Benutzung liegen. Erfolgt die Benutzung zusammen mit einem weiteren Zeichen (im Streitfall: "Chef"), kann darin eine Verwendung als Zweitmarke gesehen werden mit der Folge, dass im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr mit einer Klagemarke "Multi Star" von Zeichenidentität auszugehen ist.

3. Ein im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgter Sequestrationsanspruch zur Sicherung eines Anspruchs auf Vernichtung von Verletzungsgegenständen besteht unabhängig davon, ob der Verletzer seiner Verpflichtung zur Vernichtung möglicherweise auch durch Neutralisierung der Waren entsprechen kann (§ 18 III MarkenG).

 

Normenkette

MarkenG §§ 14, 18

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.04.2015; Aktenzeichen 3-10 O 101/14)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 22.4.2015 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main wird - soweit die Parteien das Eilverfahren nicht in der Berufung übereinstimmend für erledigt erklärt haben - zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 2i. V. § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Das LG hat durch das angefochtene Urteil mit Recht die Beschlussverfügung der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 14.4.2014 bestätigt. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine davon abweichende Beurteilung:

1. Der Antragstellerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin wegen der Verletzung ihrer Rechte aus der Marke "Multi Star" zu (Art. 102, 9 Abs. 1 lit. b GMV).

a) Die Antragsgegnerin hat das Zeichen auf der Umverpackung (Eilantrag zu A 1 und A 2), dem Gehäuseboden und der Bedienungsanleitung (Eilantrag zu A 3 und A 5) und im Rahmen ihrer Internet-Werbung (Eilantrag zu A 4) markenmäßig benutzt. Maßgeblich dafür ist, ob der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die angegriffenen Zeichen jeweils nur als Sachhinweis zur Beschreibung der angebotenen Ware versteht oder ob auch die nicht ganz fernliegende Möglichkeit besteht, dass er den Zeichen einen Hinweis auf die Herkunft der Ware entnimmt (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Rn 144 zu § 14 MarkenG m.w.N.). Letzteres hat das LG zutreffend herausgearbeitet. Ergänzend ist lediglich folgendes auszuführen:

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hat das Zeichen "Multi Star" auch für Küchengeräte keinen glatt beschreibenden Inhalt. Das Zeichen besteht aus den Bestandteilen "Multi" und "Star", die zwar als gebräuchliches Präfix bzw. als eindeutig konnotiertes Substantiv in der Zusammensetzung mit einem Sachbegriff in aller Regel einen klar beschreibenden Inhalt haben (Bspe: "Multi-Küchenhelfer" oder "Grill-Star"). Die Zusammensetzung der beiden Zeichen hat dagegen keine klar umrissene Bedeutung. Der Verkehr versteht unter "MultiStar" ein "Mehrfach- oder Vielfach-Star-bzw. - Spitzenprodukt", und entnimmt dem Zeichen daher nicht von vorn herein eine sachliche Beschreibung der Art, der Beschaffenheit oder der Verwendungsfähigkeit des Produkts (BPatG, Beschluss vom 25.11.2008 - 24 W (pat) 81/07 - Tz. 15 bei juris). Das kann anders sein, wenn das Zeichen für ein multifunktionales Gerät verwendet wird und wenn es in den Fließtext der Produktbeschreibung eingebettet und so verwendet wird, dass die Spitzenstellung des Produkts in seinen unterschiedlichen Funktionen und Anwendungsbereichen hervorgehoben wird (Bsp.: "der Multi Star unter den Schneidegeräten"). So liegt der Fall hier aber nicht.

Zwar wird "Multi Star" bei sämtlichen Verwendungsformen in den Bezug zu einer mehrfach einsetzbaren Küchenmaschine gesetzt. Die beiden deutschsprachigen Seiten des Umkartons gem. der Eilanträge zu A 1 und A 2 enthalten weitere beschreibende Zusätze, die die mehrfache Verwendbarkeit des Geräts näher konkretisieren, nämlich einmal "Ideal zum Zerkleinern, Schneiden, Raspeln und vielem mehr" und einmal "Universalschneidegerät".

Das allein reicht aber noch nicht aus, um feststellen zu können, dass der angesprochene Verkehr das Zeichen als reinen Sachhinweis versteht. Gegen eine rein beschreibende V...

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