Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch eines Notars, über die Altersgrenze von 70 Jahren hinaus sein Amt weiter auszuüben.
Normenkette
BNotO §§ 47, 48a
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der zu vollstreckenden Kosten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am ... 1940 geborene Kläger ist seit 1979 Notar.
Mit Wirkung zum ... 2010 hat der Kläger wegen Erreichens der Altersgrenze von 70 Jahren nach §§ 47, 48a BNotO aus dem Amt auszuscheiden.
Der Kläger, der sich noch zu 100 % belastbar fühlt, hat mit Schreiben vom 12.1.2010 den Antrag gestellt, ihm die Fortführung der Notartätigkeit zu gestatten.
Zur Begründung führte er an, zum Zeitpunkt der Neuregelung sei er bereits als Anwaltsnotar ohne zeitliche Beschränkung zur Führung der Amtsgeschäfte berechtigt gewesen. Die gegenwärtige Regelung verstoße gegen Europarecht, nämlich die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 unter dem Gesichtspunkt des Verbotes der Altersdiskriminierung.
Der Präsident des OLG als zuständige Behörde der Justizverwaltung lehnte mit Bescheid vom 5.2.2010 den Antrag ab. Er verwies auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.1.2010 zur Höchstaltersgrenze für Vertragszahnärzte. Die Altersgrenze diene dem Ziel, eine geordnete Altersstruktur des Notarberufs zu wahren.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 23.2.2010 Widerspruch eingelegt. Der Präsident des OLG hat den Widerspruch mit Bescheid vom 6.4.2010 zurückgewiesen.
Auf den Inhalt der Schreiben des Klägers und der Bescheide des beklagten Landes wird Bezug genommen.
Mit Klageschrift vom 10.5.2010, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, begehrt der Kläger eine Verlängerung seiner Amtszeit. Er verweist zur Begründung auf das Verwaltungsstreitverfahren eines pensionierten Oberstaatsanwalts, welches dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung der Vereinbarkeit der beamten-rechtlichen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht vorgelegt worden ist.
Der Kläger beantragt, festzustellen, dass das Amt des Klägers nicht gem. §§ 47 Nr. 1, 48a BNotO mit Ende des Monats August 2010 durch Erreichen der Altersgrenze erlischt und er über den ... 2010 das Notaramt ausüben darf; hilfsweise den Bescheid des Präsidenten des OLG Frankfurt am Main vom 5.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des OLG Frankfurt vom 6.4.2010 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, dem Kläger eine Verlängerung der Ausübung des Notaramts über das 70. Lebensjahr hinaus zu erteilen.
Der Kläger beantragt ferner, das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszusetzen.
Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen und den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurückzuweisen.
Es verweist auf die Rechtsprechung des BGH zur Altersgrenze bei Notaren.
Auf den weitergehenden Vortrag des Klägers und des beklagten Landes wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Feststellungsklage ist ebenso wie die hilfsweise aufrechterhaltene Verpflichtungsklage zulässig nach §§ 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO, 68 ff., 74 VwGO.
Die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts ist gem. §§ 68, 73 VwGO vom Präsidenten des OLG mit dem Widerspruchsbescheid vom 6.4.2010 überprüft worden. Die Monatsfrist zur Einreichung der Klage ist gewahrt.
In der Sache ist die Klage im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet, weil in der durch das Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Notare und der Rechtsanwälte vom 29.1.1991 (BGBl. I 150) eingeführten Bestimmung des § 48a BNotO die Altersgrenze für die Ausübung des Notarberufs auf das Ende des Monats, in dem der Notar das 70. Lebensjahr vollendet, festgelegt ist.
Die Regelung der Altersgrenze in den §§ 47, 48a BNotO ist nicht flexibel ausgestaltet, weshalb das beklagte Land keinen Ermessenspielraum im Hinblick auf die begehrte Verpflichtung hat, dem Kläger das kraft Gesetzes erlöschende Notaramt für weitere Zeit zu überlassen. Die Ablehnung des Antrags folgt aus den zwingenden Vorschriften, die aufgrund ihrer Eindeutigkeit auch einer Interpretation durch das Gericht nicht zugänglich sind.
Es fehlt ebenso an einer Rechtsgrundlage für die gerichtliche Feststellung, dass der Kläger sich weiterhin im Amt des Notars befindet. Der Notar scheidet kraft Gesetzes (§ 47 Nr. 1 BNotO) mit Erreichen des Höchstalters aus seinem Amt; eines Verwaltungsaktes bedarf es hierzu nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23.2.2010, NotZ 16/09, ZNotP 2010, 235 - 239).
Die vom Gesetzgeber eingeführte altersmäßige Begrenzung des Notaramtes verletzt den Kläger auch nicht in einem solchem Maß in seinen Rechten, dass an eine Nichtigkeit der Norm zu denken wäre. Die Regelung in §§ 47 Nr. 1, 48a BNotO, wonach das Amt des Notars mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren erlischt, ist mit dem Grundgesetz vereinbar, wie das BVerfG bereits entschieden hat (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 30.1.2008, 1 BvR 76/08, NJW 2008, 1212 und vom 29.10.1992, ...