Leitsatz (amtlich)
Zur Unwirksamkeit der Kündigung eines Privatschulvertrag durch die Schule.
Normenkette
AGBG §§ 3, 9; BGB §§ 305c, 307, 314, 620-621
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-12 O 682/05) |
Nachgehend
Gründe
I. Die Kläger machen auf der Grundlage eines von ihnen unterzeichneten Schulvertrags vom 8.11.2001 (Bl. 68 f. = 74 f. d.A.) die Unwirksamkeit der von dem Beklagten Schulverein durch Schreiben vom 12.7.2005 (BA [Beiakte 2-07 O 264/05] Bl. 30) ausgesprochenen Kündigung des Vertrags geltend. Die Parteien sind darüber einig, dass der Schulvertrag, auf Grund dessen ihr heute 14-jähriger Sohn X, geb. am ...1992, seit dem 1.8.2002 das von dem Beklagten betriebene Privatgymnasium ... in O1 besucht, zwischen ihnen geschlossen worden ist. Zu den Grundlagen der Vertragsbeziehung gehört ein Prospekt des Beklagten (Bl. 70 f. d.A.) u.a. mit Angaben über "Pädagogische Ziele und Grundsätze" sowie "Informationen zur Struktur des Instituts", der den Klägern vor dem Vertragsschluss ausgehändigt worden war.
Anlass für die zuvor bereits mit Schreiben vom 28.6.2005 (BA: Bl. 25 f.) angekündigte Kündigung war eine Auseinandersetzung der Parteien über eine - vom Beklagten behauptete - Beteiligung ihres Sohns X an einem gewalttätigen Übergriff einer Gruppe von Schülern seiner 7. Schulklasse ggü. einem Schüler der 5. Klasse, Y, der sich am 2.6.2005 ereignet hatte. Wegen des aus Sicht des Beklagten uneinsichtigen und unangemessenen Verhaltens der Kläger ggü. den von der Schule ergriffenen Maßnahmen sah sich der Beklagte zur Kündigung veranlasst. Bezüglich der anderen, insbesondere der unstreitig tatsächlich an dem Vorfall vom 2.6.2005 beteiligten Mitschüler, sind keine Kündigungen ausgesprochen worden.
Unstreitig handelt es sich bei dem Sohn der Kläger um einen guten Schüler mit sonst untadeligem sozialem Verhalten, der nach der Darstellung des Beklagten eine Beteiligung an dem Vorfall eingeräumt und das Unrecht seines Tuns eingesehen hat. Er wurde für dieses Verhalten gelobt.
Die Kläger haben in einem dem Rechtsstreit vorausgegangenen Eilverfahren vor dem LG Frankfurt/M. (Az.: 2/7 O 264/05) durch Beschluss des Einzelrichters des Senats vom 30.11.2005 (Az. 3 W 72/05) eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Beklagte verpflichtet worden ist, dem Sohn der Kläger, X, geb. ... 1992, über den 31.1.2006 hinaus bis zur rechtskräftigen Klärung der Frage, ob der zwischen den Parteien bzw. dem Beklagten und dem Sohn der Kläger am 8.11.2001 unterzeichnete Schulvertrag durch außerordentliche oder ordentliche Kündigung des Beklagten beendet ist, den Schulbesuch des Privatgymnasiums ... zu ermöglichen. Gleichzeitig ist dem Beklagten vorsorglich bei Meidung eines Ordnungsgeldes in gleicher Höhe verboten worden, im Zusammenhang mit den Kündigungen des Schulvertrages den Schulbesuch des Sohnes der Kläger zu untersagen oder in irgend einer Form zu beeinträchtigen.
Neben X besucht auch sein älterer Bruder Z das Privatgymnasium ..., derzeit in der 10. Klasse. Der ihn betreffende Schulvertrag besteht ungekündigt fort. X besucht derzeit die 8. Klasse. Das dritte Kind der Kläger, eine Tochter, besucht das öffentliche B-Gymnasium in O2.
Die Kläger haben geltend gemacht, die Kündigung des Schulvertrags durch den Beklagten sei unwirksam.
1. Ein Recht des Beklagten zur ordentlichen Kündigung nach § 621 BGB bestehe bei einem auf langfristige Beschulung in einer bestimmten Schule bis zum Abschluss - hier: bis zum Abitur - angelegten und damit im Rechtssinn (§ 620 Abs. 1 BGB) befristeten Schulvertrag nicht. Zwar sei es in Ziff. 3 des Schulvertrags vorgesehen. Diese Klausel sei aber, soweit sie die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung für den Schulträger vorsehe, grob unbillig und halte einer Inhaltskontrolle anhand des vorliegend noch anwendbaren § 9 AGBG a.F. bzw. des jetzigen § 307 BGB nicht stand. Insbesondere sei das Vertrauen der Eltern und ihrer Kinder darauf zu schützen, nachhaltig das durchaus von dem Angebot öffentlicher Schulen positiv abweichende Angebot der von dem Beklagten betriebenen Privatschule (deutlich kleinere Klassen, intensive individuelle Betreuung pp.) nutzen zu können.
2. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund sei im Schreiben des Beklagten vom 12.7.2005 (BA, K 6: Bl. 30) nicht ausgesprochen worden. Als solche könne die Kündigung auch nicht umgedeutet werden.
3. Die mit dem Schreiben des Beklagten vom 8.11.2005 (BA: Bl. 120) erstmals auch ausgesprochene Kündigung aus wichtigem Grund sei nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet.
4. Für eine außerordentliche Kündigung gebe es auch keine Veranlassung.
a) Auf den Auslöser des Streits, das Gerangel von Klassenkameraden von X mit einem Schüler der 5. Klasse am 2.6.2005, könne es schon deshalb nicht ankommen, weil X daran - entgegen der Behauptung des Beklagten - nicht aktiv beteiligt gewesen sei. Er sei bei dem Vorfall, bei dem einem Schüler der 5. Klasse - wie zuvor umgekehrt geschehen - durch Kneifen un...