Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit pauschaler Mahngebühr sowie von Pauschale für Vorort-Inkasso und Unterbrechung der Versorgung in AGB eines Energieversorgers
Normenkette
BGB §§ 307, 309; GasGVV § 17; StromGVV § 17
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.03.2017; Aktenzeichen 2-03 O 98/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.03.2017 wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.03.2017 dahin abgeändert, dass die Verurteilung der Beklagten zu 2 unter Ziffer 2 und unter Ziffer 3 b) des angefochtenen Urteils entfällt. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 2 wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben dieser 1/4 und die Beklagte zu 1 × zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 hat diese selbst zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Beklagten zu 1 vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1 kann die Vollstreckung des Klägers hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,- EUR und wegen der Zahlungsansprüche gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn seiner Vollstreckung wegen des Unterlassungsausspruchs Sicherheit in Höhe von 7.500,- EUR und wegen der Zahlungsansprüche in Höhe von 115 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.
Die Revision wird für die Beklagte zu 1 zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den Beklagten die Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (künftig: AGB) und die Zahlung vorgerichtlich entstandener Abmahnkosten.
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKIaG aufgenommen ist.
Die Beklagte zu 1 ist ein Energieversorgungsunternehmen und Tochtergesellschaft der XY AG. Sie beliefert unter anderem Privatkunden mit Strom und Gas im Rahmen der Grund- und Ersatzversorgung (Tarifkunden) wie auch auf der Grundlage von Sonderverträgen (Sonderkunden).
Einem Grundversorgungsvertrag für Strom liegt die gesetzliche Regelung der Stromgrundversorgungsverordnung (künftig: StromGVV) zugrunde. Kunden können aber auch mit einem Energielieferanten ihrer Wahl einen Energielieferungsvertrag als sog. Sondervertrag abschließen.
Gegenüber beiden Kundengruppen verwendet die Beklagte zu 1 ihre "Ergänzenden Bedingungen zu der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz" inklusive der Preisangaben. Diese AGB der Beklagten zu 1 in der angegriffenen Fassung, die seit dem 9.9.2015 Verwendung finden, sehen unter anderem folgende Regelungen vor:
"Bei Zahlungsverzug, Unterbrechung der Versorgung und Wiederherstellung der Versorgung werden folgende Pauschalen in Rechnung gestellt: .... Euro inkl. Umsatzsteuer
(1) Mahnung 2,50
(2) Vorort-Inkasso 77,13
(3) Unterbrechung der Versorgung 77,13".
Für die Grund- und Ersatzversorgung mit Gas, die auf der gesetzlichen Grundlage der Gasgrundversorgungsverordnung (künftig: GasGVV) beruht, verwendet die Beklagte zu 1 gegenüber beiden Kundengruppen identische Klauseln.
Die Beklagte zu 2 ist Verteilernetzbetreiberin und ebenfalls Tochtergesellschaft der XY AG. Sie betreibt eine Vielzahl von Netzen unterschiedlicher Eigentümer auch außerhalb des Konzerns. Sie ist für die Beklagte zu 1 mit der Durchführung von Versorgungsunterbrechungen und auch mit einem Inkasso vor Ort beauftragt.
Die Beklagte zu 2 sieht in ihren "Ergänzenden Bedingungen zu der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung", Stand 11.2012 zu Ziffer 5 und in der insoweit inhaltsgleichen Regelung für Gas, Stand 11.2012, jeweils folgende Formulierung vor:
"Zahlungsverzug, Unterbrechung und Wiederherstellung des Anschlusses und der Anschlussnutzung (§§ 23, 24 NAV)
Die Kosten für Zahlungsverzug nach § 23 Abs. 2 NAV werden nach dem Preisblatt zu den Ergänzenden Bedingungen in Rechnung gestellt."
Auf die Abmahnung des Klägers vom 18.1.2016 hin hat die Beklagte zu 2 eine Mahnpauschale von 4,80 EUR aus dem Preisblatt zu ihren Ergänzenden Bedingungen entfernt. Am 27.01.2016 änderte sie ihre Preisblätter, sowohl für Strom als auch für Gas, jeweils Stand 01.2016, dahingehend, dass diese keine Regelung zur Höhe der Mahnkostenpauschale mehr enthalten.
Der Kläger macht geltend, dass die vorgesehenen Mahnkosten der Beklagten zu 1 in Höhe von 2,50 EUR ungerechtfertigt seien. Auch nachdem die Beklagte zu 1 die Unterlassung der Verwendung zuvor beanstandeter höherer Mahnpauschalen...