Leitsatz (amtlich)
Zur Delegationsbefugnis eines medizinischen gerichtlichen Sachverständigen gem. § 407a Abs. 2 S. 2 ZPO.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.05.2006; Aktenzeichen 2/4 O 329/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 3.5.2006 verkündete Urteil des LG Frankfurt am Main (Az.: 2/4 O 329/02) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 150.000 EUR.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Frankfurt am Main vom 3.5.2006 verwiesen (Bl. 400-407 d.A.). Sie werden lediglich zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils wie folgt zusammengefasst:
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer vermeintlich unzureichenden neurologischen Befunderhebung und Behandlung im Jahr 1991 bzw. 1994. Er befand sich zunächst von Juli bis September 1991 wegen akuter Lähmungserscheinungen in ambulanter neurologischer Behandlung des Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 1) führte mehrere Untersuchungen durch, gelangte aber nicht zu einer abschließenden Diagnose. Am 16.9.1991 überwies er den Kläger zur stationären Behandlung in die Universitätsklinik F. (Beklagte zu 2), wo er von dem dortigen Chefarzt (Beklagter zu 3) und einer neurologischen Fachärztin (Beklagte zu 4) behandelt wurde. Auch dort konnte man keine klare Ursache für die Beschwerden finden und man schloss deswegen einen psychogenen Hintergrund nicht aus. Im Jahr 1994 wandte sich der Kläger erneut wegen Beschwerden an den Beklagten zu 1), der ihn kernspintomographisch untersuchen ließ.
Nach einer Paraparese mit Blasenstörung im Jahr 1995 wurde der Kläger von den Ärzten der neurologischen Klinik Aschaffenburg stationär behandelt. Sie fanden heraus, dass der Kläger an Multipler Sklerose erkrankt war. Der Kläger wirft den Beklagten vor, dass sie sein Krankheitsbild nur unzureichend differenzialdiagnostisch erfasst und es versäumt hätten, die Multiple Sklerose als Ursache für die schon im Jahr 1991 aufgetretenen Lähmungserscheinungen in ihre Beurteilung mit einzubeziehen.
Das LG hat den Direktor der neurologischen Klinik des Universitätsklinikums M., Herrn Prof. Dr. O., mit der Begutachtung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe beauftragt. Er ist dort von dem Assistenzarzt Dr. T. und von dem Oberarzt Prof. Dr. S. körperlich und anamnestisch untersucht worden. Das unter dem Briefkopf "Gutachtenabteilung - Klinik für Neurologie - Phillips-Universität Marburg" erstattete schriftliche Gutachten ist außerdem von Herrn Prof. Dr. O. mit dem Zusatz "aufgrund eigener Urteilsbildung" unterzeichnet (Bl. 277/319 d.A.).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Dem Beklagten zu 1) sei kein Befunderhebungsfehler unterlaufen. Er habe zwar weitere Untersuchungen zur Diagnosesicherung einer möglichen Rückenmarksschädigung anordnen sollen, aber nicht müssen. Die Beklagten zu 3) und 4) hätten eine Multiple Sklerose in Betracht ziehen und weiterreichende Untersuchungen veranlassen müssen. Ob sie sämtliche Untersuchungsmöglichkeiten ausgeschöpft hätten, könne mangels der Original-Krankenakte nicht beurteilt werden. Dies spiele auch keine Rolle, weil sich die Therapie ohnehin nicht geändert hätte. Eine Cortisontherapie bzw. eine Interferonbehandlung oder krankengymnastische Übungen oder sonstige Maßnahmen zur Umstellung der Lebensverhältnisse seien nicht indiziert gewesen.
Der Kläger hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Ziel weiter verfolgt. Das oben genannte Gutachten sei nicht verwertbar, denn der Sachverständige Prof. Dr. O. habe seinen Auftrag nicht persönlich erfüllt, sondern ihn auf seine Mitarbeiter Dr. S. und Dr. T. übertragen (§ 407a Abs. 2 S. 1 ZPO). Er habe den Kläger noch nicht einmal gesehen. Das Gutachten enthalte inhaltliche Widersprüche, die bereits erstinstanzlich vom Kläger herausgearbeitet worden seien. Dessen Antrag auf ergänzende schriftliche bzw. mündliche Anhörung sei das LG verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen.
Der Kläger beantragt, dass erstinstanzliche Urteil abzuändern und
1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts (mindestens 100.000 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus, mindestens jedoch 8 % Zinsen seit dem 17.10.1997 zu zahlen, sowie
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Ansprüche, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab dem 16.10.1...