Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuwidrige Rückforderung bei falscher Abrechnung in der Kaskoversicherung
Leitsatz (amtlich)
Zum Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Kaskoversicherung, die sich an ihrer eigenen Schadensabrechnung nicht festhalten lassen will und eine Überzahlung zurückfordert.
Normenkette
BGB §§ 242, 812
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-12 O 171/07) |
Gründe
Der Beklagte unterhielt bei der Klägerin eine Kaskoversicherung für seinen Pkw ... (...). Mit diesem Fahrzeug erlitt A, dem der Beklagte die Benutzung gestattet hatte, am ... 2.2006 einen Unfallschaden.
Die Klägerin beauftragte den in ihrem Unternehmen tätigen Kfz-Sachverständigen SV1 mit der Ermittlung des Schadens. In seinem Gutachten vom 22.3.2006 (Bl. 16-20 = 62-66 d.A.) bezifferte dieser die Reparaturkosten unter Abzug eines Vorteilsausgleichs "neu für alt" mit 13.714,81 EUR; den Wiederbeschaffungswert setzte er auf 34.050 EUR und den Restwert mit 13.200 EUR fest (alle Beträge ohne MWSt). Die Klägerin rechnete dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 28.6.2006 (Bl. 21 d.A.) wie folgt ab:
Wiederbeschaffungswert Kfz 34.050,00 EUR
abzgl. Restwert 13.200,00 EUR
abzgl. Selbstbeteiligung 500,00 EUR
20.350,00 EUR
Die Klägerin zahlte an den Beklagten 20.350 EUR. Der Beklagte akzeptierte die Abrechnung und ließ das Fahrzeug einer Verwertung zuführen.
Im September 2006 bemerkte die Klägerin, dass sie die Entschädigung falsch berechnet hatte. Mit Schreiben vom 15.9.2006 bezifferte sie den zu erstattenden Betrag auf 13.214,81 EUR (= 13.714,81 EUR Reparaturkosten abzgl. 500 EUR Selbstbeteiligung) und forderte den Beklagten auf, den nach dieser Abrechnung überzahlten Betrag von 7.135,19 EUR zurückzuerstatten.
Die Klägerin hat mit der Klage die Zahlung der 7.135,19 EUR beansprucht und geltend gemacht, es habe nach den zutreffenden Feststellungen der Reparatur-Kalkulation SV1 kein Totalschaden vorgelegen; sie habe nach § 13 Ziff. 5 AKB nur die Reparaturkosten (abzgl. 500 EUR Selbstbeteiligung) zu zahlen gehabt. Der Beklagte sei durch die unrichtige Regulierung deshalb in Höhe der Klageforderung ungerechtfertigt bereichert. Sie hat behauptet, sie habe dem Beklagten zeitgleich mit ihrer Abrechnung vom 28.6.2006 auch die Reparatur-Kalkulation SV1 übersandt.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.135,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat bestritten, dass ihm bei Erhalt des Abrechnungsschreibens vom 28.6.2006 bereits die Reparatur-Kalkulation SV1 vorgelegen habe. Aus der Sicht des Beklagten sei maßgeblich gewesen, dass ihm nach einem gescheiterten Reparaturversuch bei der Fa. B durch die Niederlassung der C mitgeteilt worden sei, dass es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handele und eine Reparatur deshalb ausscheide (Beweis: 1. Zeugin Z1, 2. Zeuge Z2, Bl. 36 d.A.). Bis zur Abrechnung vom 28.6.2006 habe der Beklagte 4 Monate lang nichts von der Klägerin gehört. Er habe die Abrechnung dann akzeptiert, weil sie seinem Informationsstand "wirtschaftlicher Totalschaden" entsprochen habe. Die Reparatur-Kalkulation SV1 sei ihm erstmals auf seine Anforderung durch das Schreiben der Klägerin vom 11.11.2006 (Bl. 67 d.A.) übersandt worden (Beweis: Zeugin Z1, Bl. 36 d.A.).
Der Beklagte hat ferner die Richtigkeit der Reparatur-Kalkulation SV1 hinsichtlich der erforderlichen Reparaturkosten bestritten und angeführt, ihm sei bei Erhalt der Korrekturberechnung eine Reparatur wegen der bereits erfolgten Verwertung des Unfallfahrzeugs nicht mehr möglich gewesen. Unter den gegebenen Unständen sei es der Klägerin nach Treu und Glauben verwehrt, wegen eines eigenen Kalkulationsirrtums Rückzahlung zu verlangen.
Im Wege der Hilfsaufrechnung hat der Beklagte die Erstattung ihm vor der Begutachtung durch SV1 durch die - durchaus sinnvolle - Erstreparatur bei der Fa. B nach deren Rechnung vom 8.3.2006 (Anl. B 1, Bl. 39 d.A.) entstandener Reparaturkosten i.H.v. 3.706,47 EUR beansprucht. Die Reparatur sei nur insofern erfolglos gewesen, als die Fa. B die eigentliche Fehlerursache nicht gefunden habe; die Fa. B habe aber gleichwohl auf Bezahlung bestanden und das Fahrzeug erst nach Bezahlung durch den Beklagten herausgegeben.
Die Klägerin hat hinsichtlich der Hilfsaufrechnung vorgetragen, die insoweit geltend gemachte angebliche Gegenforderung bestehe nicht, denn die Erstreparatur bei der Fa. B habe Aufwendungen betroffen, die nicht erforderlich und zur Schadensbeseitigung ungeeignet gewesen seien.
Das LG hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 I Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, weil die Klägerin für die von ihr behauptete Höhe der Reparaturkosten beweisfällig geblieben und die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs treuwidrig sei. Die Beweislast für die Höhe der Reparaturkosten sei auf die Klägerin übergegangen, weil sie die Beweisl...