Leitsatz (amtlich)
Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die frühere Regelung des § 1600 BGB als verfassungswidrig angesehen, soweit diese dem biologischen Vater auch dann kein Recht zur Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft eingeräumt hat, wenn zwischen dem rechtlichen Elternteil und dem Kind keine familiäre Bindung besteht. Das BVerfG hat aber klargestellt, dass die leibliche u n d die rechtliche Vaterschaft durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt würden. Ist beides nicht in Einklang zu bringen, kann das Interesse an der Wahrung einer sozial-familiären Bindung so gewichtig sein, dass der Wunsch des biologischen Vaters, rechtlich als solcher anerkannt zu werden, dahinter zurücktreten muss.
Normenkette
BGB § 1600; GG Art. 6
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 404 F 4117/05) |
Nachgehend
Gründe
Die Streitgehilfin und Mutter des am 5.2.1997 in O1 geborenen Beklagten zu 2) war mit dem Beklagten zu 1) verheiratet. Sie lernte während der Empfängniszeit den Kläger kennen und hatte auch mit ihm Geschlechtsverkehr. Im Mai 1996 versöhnte sie sich mit ihrem Ehemann und reiste mit ihm nach O1, ihrem Heimatland. Einige Monate nach der Geburt des Beklagten zu 2) kehrte sie im Mai 1997 mit beiden Beklagten zurück in die O2 und lebte dort mit ihnen zusammen bis zum Januar 1999. Danach reiste sie mit dem Beklagten zu 2) wieder in ihre Heimat und blieb dort bis zum August 1999. Dann flog sie zurück in die O2 und lebte bis zum Februar 2000 wieder zusammen mit beiden Beklagten in der Ehewohnung. Danach kam es zur Trennung der Eheleute. Die beiderseitigen Wohnorte wurden jedoch so gewählt, dass die Beklagten regelmäßig miteinander Kontakt haben konnten, teilweise jede Woche, zumindest aber an jedem zweiten Wochenende.
Im Februar 2002 ergab ein mit Zustimmung der Streitgehilfin eingeholter Vaterschaftstest mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit die biologische Vaterschaft des Klägers.
Die Beklagten tragen übereinstimmend vor, zwischen ihnen bestehe eine enge, durch regelmäßigen Kontakt gepflegte Beziehung.
Der Kläger will mit seiner Klage erreichen, dass festgestellt wird, dass der Beklagte zu 1) nicht der Vater des Beklagten zu 2) sei.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das AG die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und die Klage auf den Beklagten zu 2) erweitert. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er den erstinstanzlich gestellten Antrag weiter. Die Kindesmutter ist im Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache hat sie jedoch aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung gem. § 1600 Abs. 2 und 3 BGB liegen nicht vor. Zwischen den Beklagten besteht eine sozial familiäre Beziehung, die ein Anfechtungsrecht des Klägers ausschließt. Der Beklagte zu 1) war mit der Streitgehilfin und Kindesmutter zur Zeit der Geburt von A verheiratet und lebte auch mit ihr zusammen. Die eheliche Gemeinschaft bestand bis Februar 2000 und wurde nur für einen ca. halbjährigen Aufenthalt von Mutter und Kind in O1 unterbrochen. Auch in der Folgezeit fand nach der übereinstimmenden Schilderung des Beklagten zu 1) und der Streitgehilfin ein intensiver Kontakt zwischen den Beklagten statt. Die Richtigkeit dieses Vortrags ist als zugestanden anzusehen. Der Beklagte zu 1) und die Streitgehilfin haben die Besuche und deren Häufigkeit im Einzelnen beschrieben und vom Kläger sind diese Darlegungen nicht substantiiert bestritten worden. Das Bestehen einer engen Bindung wird noch bestätigt durch den Schriftsatz vom 1.2.2006, in dem die Ergänzungspflegerin ihr Gespräch mit dem Beklagten zu 2) darstellt. A hat dabei u.a. geäußert, dass er wünsche, dass Papa (der Beklagte zu 1)), Mama und er wieder zusammen wohnen könnten. Insgesamt belegen seine unstreitigen Erklärungen ggü. der Ergänzungspflegerin, dass er stark am Beklagten zu 1) hängt, diesen als seinen Vater ansieht und dass er mit diesem wieder zusammen leben möchte. Es bestehen deswegen keine Zweifel daran, dass zwischen ihm und seinem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung gegeben ist.
Diese entfällt nicht dadurch, dass der Beklagte zu 1) und die Streitgehilfin inzwischen geschieden sind. Der gesetzliche Wortlaut stellt gerade nicht darauf ab, dass die rechtlichen Eltern noch miteinander verheiratet sind oder noch zusammen wohnen. Vielmehr ist ausschlaggebend, dass der rechtliche Vater für das Kind Verantwortung trägt und längere Zeit mit diesem zusammengelebt hat. Hier ist beides zu bejahen. Zweck der neuen gesetzlichen Regelung ist - auch im Interesse der Rechtssicherheit - dass ein Anfechtungsrecht, welches in der Vergangenheit nicht bestanden hat, nicht wieder aufleben kann (vgl. Palandt, BGB, 66. Aufl., § 1600 Rz. 7 mit weiteren Nachweisen).
Im Übrigen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung deutli...