Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozial-familiäre Beziehung bei Getrenntleben von rechtlichem Vater und Kind - Ausschluss der Anfechtung durch potentiellen biologischen Vater
Leitsatz (amtlich)
Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind kann auch dann vorliegen, wenn der rechtliche Vater nie mit der Mutter und dem betroffenen Kind, sondern durchgehend bis zum Zeitpunkt der Entscheidung mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern zusammengelebt hat. Maßgeblich ist auch in diesen Konstellationen, ob der rechtliche Vater für das betroffene Kind tatsächlich Verantwortung trägt.
Normenkette
BGB § 1600 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
AG C. (Beschluss vom 03.07.2015) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - C2 vom 03.07.2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Vaterschaft des Kindes T, geb. am xx. xx. 2013.
Die Mutter hatte im Jahr 2012 zunächst eine Beziehung mit dem Antragsteller, später mit dem Beteiligten X. Im August 2012 wurde der Antragsteller abgeschoben. Im Januar 2013 kam das Kind T zur Welt. Der Beteiligte X und die Kindesmutter hatten schon vor der Geburt bei dem Notar N unter der Urkundenrolle Nr. xxx/2012 eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben. Kurz nach der Geburt erkannte der Beteiligte X vor dem Standesamt die Vaterschaft an. Anschließend erhielt das Kind auch seinen Namen.
Der Beteiligte X ist seit 1997 verheiratet und lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen fünf Kindern im Alter von inzwischen 9 - 18 Jahren weiterhin zusammen. Er besucht T seit der Geburt regelmäßig, nach seinen eigenen Angaben samstags für zwei bis drei Stunden und manchmal in der Woche für eine Stunde. Auch die Beziehung zur Kindesmutter setzt er bis heute fort; inzwischen hat die Mutter eine zweite Tochter bekommen, für die der Beteiligte X ebenfalls die Vaterschaft anerkannt hat. Er zahlt für beide Mädchen monatlichen Unterhalt in Höhe von 266,00 EUR.
Der Antragsteller kehrte im September 2013 zunächst illegal nach Deutschland zurück und versuchte erfolglos Kontakt zu der zwischenzeitig umgezogenen Kindesmutter aufzunehmen. Er wurde festgenommen und in Abschiebhaft verbracht. Im März 2014 wurde er aus der Abschiebehaft entlassen und befindet sich nunmehr im Asylverfahren. Seit seiner Entlassung bemüht er sich um Kontakt zu "seiner Tochter" sowie um die Einholung eines Abstammungsgutachtens. Beides lehnt die Mutter ab.
In diesem Verfahren begehrt der Antragsteller die Anfechtung der Vaterschaft des Beteiligten X sowie die Feststellung seiner eigenen Vaterschaft. Er hat eine eidesstattliche Versicherung zu den Akten gereicht, wonach er während der Empfängniszeit mit der Mutter sexuell verkehrt hat. Er ist der Ansicht, dass zwischen T und ihrem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht. Zwar besuche der Beteiligte X das Kind und habe anscheinend auch eine vertraute Beziehung zu ihm. Das reiche aber nicht aus, um die Anfechtung durch ihn, den leiblichen Vater auszuschließen.
Das AG hat einen Verfahrensbeistand bestellt und sowohl diesen als auch das Jugendamt zur Frage der sozial-familiären Beziehung zwischen T und ihrem Vater angehört.
Mit Beschluss vom 03.07.2015 hat das AG den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
Er ist der Ansicht, dass das AG den Schutzzweck des § 1600 BGB und seine die Grundrechtsposition sowie die des Kindes verkannt hat. Aus Besuchskontakten könne nicht auf eine sozial-familiäre Beziehung geschlossen werden, erst recht nicht, wenn der rechtliche Vater in einer weiteren sozial-familiären Gemeinschaft mit Ehefrau und fünf Kindern lebe. Zudem sei nicht einmal mit der notwendigen Sicherheit festgestellt, dass der Beteiligte X das Kind überhaupt jedes Wochenende besuche. Das AG sei seinem Beweisangebot, die Ehefrau des Beteiligten X zur Häufigkeit der Besuchskontakte und ihrer Kenntnis von der Zweitfamilie zu vernehmen, nicht nachgegangen und habe auch kein familienpsychologisches Gutachten zu der Qualität der Beziehung eingeholt.
Schließlich sei kein Nachteil erkennbar, wenn das Kind seinen leiblichen Vater kennenlerne.
Die Mutter, der Verfahrensbeistand und das Jugendamt verteidigen die angefochtene Entscheidung.
Der Senat hat die Beteiligten im Termin angehört.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig aber nicht begründet.
1. Zwar ist der Antragsteller anfechtungsberechtigt gem. § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Er hat die erforderliche eidesstattliche Versicherung zu den Akten gereicht. Die Mutter hat zudem die sexuelle Beziehung zum Antragsteller während der Empfängniszeit nicht in Abrede gestellt.
2. Das Anfechtungsrecht des Antragstellers ist jedoch gem. § 1600 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
a. Das Anfechtungsrecht des potentiellen leiblichen Vaters wurde erst durch das Gesetz vom 23.04.2004 eingefü...