Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an den Urteilstatbestand.
2. Zum Sorgfaltsmaßstab bei der Berücksichtigung des Parteivorbringens durch das Gericht.
Normenkette
GG Art. 103; ZPO § 313
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.05.2007; Aktenzeichen 2-10 O 522/05) |
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Fa. A GmbH, früher: Fa. B GmbH), deren Geschäftsführer die Beklagten waren, Schadensersatzansprüche gegen diese geltend. Hinsichtlich des Gegenstands, der Gründung und der Veränderung in Unternehmensstruktur und Firma wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil (S. 3 Abs. 2) Bezug genommen.
Gegenstand der Inanspruchnahme beider Beklagten sind sechs Vorgänge:
a) Anteilskaufvertrag vom 29.8.2002 i.H.v. 686.129,19 EUR
b C-Verkauf vom 3.7.2002 i.H.v. 33.000 EUR
c) Verwaltungsaufwand im Jahre 2002 i.H.v. 488.922,86 EUR
d) Reisekostenabrechnung i.H.v. 19.310,71 EUR
e) Mietsicherheit vom 21.5.2002 i.H.v. 222.055,29 EUR
f) Unterschlagungen D vom 27.2.2002 bis zum 23.12.2002 i.H.v. 86.878,12 EUR.
Aus diesen Vorgängen nimmt der Kläger beide Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch.
Zusätzlich macht er ggü. der Beklagten zu 1) eine weitere Schadensersatzforderung i.H.v. 460.162,69 EUR wegen Auflösung des Festgeldguthabens der Insolvenzschuldnerin in dieser Höhe im Hinblick auf diesbezüglich eingegangene Bürgschaft geltend.
Dem Beklagten sind im ersten Rechtszug ihre Inanspruchnahme mit umfangreichem Vorbringen entgegen getreten. Dies betrifft im Wesentlichen die Dauer ihrer jeweiligen Geschäftsführertätigkeit und die ihnen bei ihrem Ausscheiden erteilte Entlastung, die Frage, in wie weit die ihre Inanspruchnahme zugrunde gelegten Vorgänge überhaupt als Zahlungen qualifiziert werden können, die Frage der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der Insolvenzschuldnerin zu dem seitens des Klägers angenommene Zeitpunkt sowie die Frage, in wie weit die streitgegenständlichen Vorgänge sich überhaupt nach dem Zeitpunkt einer Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ereignet haben. Hinsichtlich der einzelnen Vorgänge haben die Beklagten im Einzelnen konkrete sachliche Beanstandungen erhoben und das Vorbringen des Klägers unter Beweisantritt bestritten. Der Beklagte zu 2) hat zudem das Vorliegen einer internen Ressortregelung vorgetragen. wonach er mit den hier inkriminierten Vorgängen nicht befasst gewesen sei und trotz von seiner Seite aus vorgenommenen Versuchen der Informationsgewinnung keine Kenntnis erlangt habe.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze (einschließlich derjenigen im Verfahren auf Tatbestandsberichtigung) Bezug genommen.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.563.296,17 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz sei dem 6.2.2004 zu zahlen.
2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger weitere 460.162,69 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 6.2.2004 zu zahlen.
Die Beklagten haben bezüglich der jeweils gegen sie gerichteten Anträge beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat weder Hinweise erteilt noch Aufklärungen vorgenommen, noch schließlich eine Beweisaufnahme durchgeführt. Es hat vielmehr die Beklagte in seinem am 22.5.2007 verkündeten Urteils, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 247-358 d.A.), antragsgemäß verurteilt.
Die Beklagten haben gegen das Urteil umfassend begründete Tatbestandsberichtigungsanträge gerichtet, die vom LG mit einem aus zwei Sätzen bestehenden Beschluss vom 9.7.2007 (Bl. 449 d.A.) zurück gewiesen wurden.
Hiergegen richten sich die seitens bei der Beklagten form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen, mit denen die Beklagten erhebliche Verfahrensfehler geltend machen und ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen.
Der Beklagte zu 1) beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, sowie ergänzend, das Verfahren gem. § 538 II Nr. 1 ZPO an das LG zurück zu verweisen.
Der Beklagte zu 2) beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage, soweit sie sich gegen ihn richtet, abzuweisen, sowie ergänzend, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurück zu verweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurück zu weisen.
Hinsichtlich des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die im Einzelrichtertermin am 9.9.2007 abgegebenen Erklärungen der Parteien Bezug genommen.
II. Die Berufungen der Beklagten sind statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig. In der Sache führen sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Gerichts des ersten Rechtszuges, weil das erstinstanzliche Verfahren an einer Vielzahl wesentlicher Verfahrensmängel leidet (§ 538 II ...