Leitsatz (amtlich)
Bei Abschluss eines Sozietätsvertrages muss ein Rechtsanwalt auf Krankheiten hinweisen, die zu vorzeitiger Berufsunfähigkeit führen können.
Normenkette
BGB § 311 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 07.08.2003; Aktenzeichen 3 O 130/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 7.8.2003 verkündete Urteil des LG Limburg a.d.L. - Az.: 3 O 130/99 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten abwenden gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien waren in einer überörtlichen Sozietät verbundene Rechtsanwälte. Der Kläger, der an chronisch fortschreitender ... erkrankt ist, nimmt die Beklagten in Anspruch auf Zahlung einer Abfindung auf der Grundlage des Sozietätsvertrages.
Der Kläger, seit 198... als Anwalt zugelassen, betrieb in O1 eine Anwaltskanzlei, in welcher der Beklagte zu 2) ab 1992 zunächst als Angestellter arbeitete. Der Beklagte zu 1), seit 198- als Rechtsanwalt zugelassen, betrieb in den gleichen Räumlichkeiten eine eigene Kanzlei in Bürogemeinschaft mit dem Kläger.
An der Kanzlei in O1 waren zwei weitere, später ausgeschiedene Rechtsanwälte in Bürogemeinschaft beteiligt, ebenso bestand eine Bürogemeinschaft mit der Ehefrau des Klägers, einer ....
Der Kläger, der gleichzeitig Fachanwalt für ... war, und der Beklagte zu 2) gründeten sodann eine zweite Kanzlei in O2, die sie in Sozietät betrieben.
Unter dem 7.1993 schlossen die Parteien einen Sozietätsvertrag (Bl. 28 ff. d.A.) über die Kanzleien in O1 und O2, nach dessen § 9 einem ausscheidenden Gesellschafter folgende Ansprüche zustehen sollten:
- der Anteil am Sachvermögen, welches unwiderlegbar mit 15 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre festgelegt wurde;
- der Anteil an ausstehenden Honoraren, der unwiderleglich mit 2,5 durchschnittlichen Monatsumsätzen des letzten abgeschlossenen Jahres festgesetzt wurde;
- im Falle eigener Kündigung, ordentlicher Kündigung durch die Sozietät oder Krankheit - sofern binnen drei Jahren keine Tätigkeit als Anwalt im gleichen OLG-Bezirk oder eine vergleichbare Tätigkeit (z.B. als Versicherungs- oder Wirtschaftsjurist oder Konkursverwalter) ausgeübt wurde - der Anteil am Goodwill der Kanzlei, der unwiderleglich auf 20 %, für den Kanzleigründer 60 %, des durchschnittlichen Jahresumsatzes, bemessen an den letzten drei Jahren.
Bei außerordentlicher fristloser Kündigung oder eigener Kündigung sollte dem Ausscheidenden kein Anspruch auf Zahlung für den Goodwill zustehen. Auf den weiteren Inhalt des Sozietätsvertrages vom 7.1993 (Bl. 28-39 d.A.) wird Bezug genommen. Der vom Kläger im ersten Rechtszug zunächst vorgelegte angebliche Sozietätsvertrag vom 7.1997 (Bl. 16-27 d.A.), der den Anteil an ausstehenden Honoraren mit 3,5 % durchschnittlichen Monatsumsätzen bewertete, ist unstreitig ein vom Kläger hergestellter und mit Unterschriftsstempeln abgestempelter Entwurf, den die Beklagten nicht unterschrieben haben.
Für die Aufnahme in die Sozietät erhielt der Kläger vom Beklagten zu 1) zuvor 250.000 DM, wovon der Beklagte zu 2) nichts erfuhr. Die Sozietät der Parteien wurde zuletzt in zwei Teilkanzleien in O3 und O2 betrieben, wobei der Beklagte zu 1) beim LG O1, der Kläger und der Beklagte zu 2) beim LG O4 und am OLG zugelassen waren. Der Kläger erklärte mit an den Beklagten zu 1) gerichtetem Schreiben vom 1.1.1998, auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages vom 7.1997 kündige er die Gesellschaft in Form der Sozietät zum 6.1998 auf, da seine Bemühungen, die Effizienz und Qualität der Arbeit des Beklagten zu 1) zu steigern, gescheitert seien.
Mit Schreiben vom 13.4.1998 bestätigten die Beklagten den Erhalt des Kündigungsschreibens und schlugen die Umwandlung der Sozietät in eine Bürogemeinschaft vor. Dies lehnte der Kläger mit Schreiben vom 4.1998 ab und verlangte eine vollständige Trennung. Am 4.1998 verzichtete der Kläger in einem Schreiben an den Präsidenten des OLG auf seine Rechte aus der Zulassung als Rechtsanwalt aus gesundheitlichen Gründen. Eine Kopie hiervon übermittelte er den Beklagten. Im Jahre 1998 wurde der Kläger aus der Anwaltsrolle gestrichen. Die Beklagten kündigten dem Kläger fristlos mit Schreiben vom 5.1998 wegen Verlustes von dessen Anwaltszulassung. In einem Aktenvermerk vom 6.1998 bot der Kläger den Beklagten an, bestimmte Mandate gegen Teilung der Gebühren weiterzubearbeiten.
Am 6.1998 kündigte der Kläger als Vermieter den Mietvertrag mit der Sozietät über die Büroräume in O3. Die Beklagten verlegten die Teilkanzlei daraufhin zurück nach O1, schlossen diese später allerdings mangels wirtschaftlichen Erfolges. Sie betreiben heute noch die Sozietät mit Sitz in O2. Der Kläger berechnete mit Schreiben vom 8.1998 sein Auseinandersetzungsguthaben...