Entscheidungsstichwort (Thema)
Baulärm als Mangel
Leitsatz (amtlich)
Beeinträchtigungen, die im Zusammenhang mit einer Großbaustelle eintreten, können auch im Innenstadtbereich einer Großstadt nach den Umständen des Einzelfalls einen Mangel eines benachbarten gewerblichen Mietobjekts begründen. Das Aufstellen zahlreicher Baucontainer und weiterer Baustelleneinrichtungen auf einem Parkplatzbereich sowie das Anfahren von Lkw und Baufahrzeugen auf der in unmittelbarer Nähe zu einer Großbaustelle gelegenen kleinen Nebenstraße können insbesondere dann einen Mangel eines benachbarten gewerblichen Mietobjekts begründen, wenn das darin vertragsgemäß betriebene Geschäft in besonderem Maße auf Laufkundschaft angewiesen ist.
Normenkette
BGB § 536
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.09.2014; Aktenzeichen 2-04 O 84/14) |
BGH (Aktenzeichen XII ZR 19/15) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. - 4. Zivilkammer - vom 3.9.2014 (Az.: 2-04 O 84/14) wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.945,85 EUR festgesetzt.
Gründe
I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage von den Beklagten Räumung und Herausgabe eines Geschäftslokals in dem Anwesen A in Stadt1.
Die Klägerin vermietete dieses Geschäftslokal an die Beklagten gemäß dem aus Blatt 4 ff. der Akte ersichtlichen Mietvertrag für den Zeitraum vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2018 zum Betrieb als ... und ... Der zu zahlende Mietzins betrug gem. § 3 des Mietvertrages monatlich 912 EUR zzgl. 64,60 EUR für einen Kellerraum sowie Vorauszahlungen für die Betriebskosten i.H.v. 70 EUR und für Heizungsversorgung sowie Be- und Entwässerung i.H.v. 100 EUR jeweils zzgl. Umsatzsteuer, insgesamt also 1.364,45 EUR. Die von den Beklagten zu leistende Mietsicherheit beträgt gem. § 5 des Mietvertrages 4.093 EUR.
Im Juni 2013 wurde in der Nähe des Anwesens die Baustelle zur Bebauung des Areals zwischen ... und ... eingerichtet. In dem Straßenbereich vor dem Ladengeschäft der Beklagten wurden Container für die Bauunternehmen sowie Beton-Stahlkonstruktionen zur Stromversorgung eingerichtet. Bedingt durch die Baustelle wurde dieser Bereich durch die beteiligten Baufahrzeuge und Lkw angefahren. Insoweit wird auf die von den Parteien eingereichten Fotographien (Blatt 59 ff., 86 ff., 101 ff. und 125 ff. der Akte) Bezug genommen. Die Beklagten minderten die Miete vom 20.6.2013 an um monatlich 30 % und somit 409,34 EUR. Es kam zu diversem Schriftwechsel der Parteien. Mit Schreiben vom 21.2.2014 (Blatt 18 der Akte) erklärte die Klägerin, sie kündige das Mietverhältnis wegen eines Zahlungsrückstands von insgesamt 3.332,58 EUR fristlos. Auch nachfolgend kam es zu Schriftwechsel zwischen den Parteien. Die Beklagten beanstandeten weiterhin die Situation des Geschäftslokals in Bezug auf die Beeinträchtigung durch die Bauarbeiten und machten Ansprüche gegenüber der Klägerin, insbesondere Schadenersatzansprüche geltend, welche sie mit den Ansprüchen der Klägerin auf Mietzinszahlungen verrechnen wollten. Seit Juli 2014 leisten die Beklagten keine Zahlungen an die Klägerin mehr. Die Klägerin erklärte nochmals mit Schriftsatz vom 2.6.2014 (Blatt 51 ff. der Akte) und wegen eines Zahlungsrückstandes i.H.v. 10.427,74 EUR mit Schriftsatz vom 21.10.2014 (Blatt 240 f. der Akte) die fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen Zahlungsverzuges. Mit Schreiben vom 18.12.2014 (Blatt 317 f. der Akte) erklärten die Beklagten, das Mietverhältnis wegen vertragswidrigen Verhaltens der Klägerin zu kündigen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagten durch Urteil vom 3.9.2014, ihnen zugestellt gemäß Empfangsbekenntnis am 24.9.2014, ihnen tatsächlich bekannt bereits am 23.9.2014, als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen innegehaltenen Gewerberäume in dem Anwesen A in Stadt1, bestehend aus einer Gewerbefläche im Erdgeschoss zzgl. Kellerraum, zu räumen und an die Klägerin nebst Schlüsseln herauszugeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rückgabe des Mietobjekts zu, da die Klägerin das Mietverhältnis wirksam gekündigt habe. Sie sei zur Kündigung berechtigt gewesen, da die Beklagten mit der Entrichtung von zwei Monatsmieten in Verzug gewesen seien Die Miete sei nicht gemindert gewesen, weil durch die Bauarbeiten der Zugang zu ihrem Geschäftslokal nicht erheblich beeinträchtigt sei. Erschwernisse im näheren Umfeld des Ladengeschäfts reichten hierfür nicht aus, da es sich lediglich um mittelbare Beeinträchtigungen handele, die in einem Innenstadtbezirk einer Großstadt üblich und deshalb hinzunehmen seien. Gleiches gelte für die angeblich versperrte Sicht auf das Ladengeschäft und dessen erschwerte Erkennbarkeit aufgrund der Baustelleneinrichtung. Auch mit etwaigen Lärmbelästigungen müsse ein Mieter i...