Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob nach dem in zweiter Instanz erfolgten Wegfall der Einrede des Schiedsgutachtenvertrages, die in erster Instanz zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet geführt hat, die Zurückverweisung in entsprechender Anwendung des § 538 Nr. 3 ZPO zulässig ist.
Normenkette
BGB §§ 317, 319; ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 4 O 112/04) |
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 4 O 114/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden die Urteile des LG Limburg a. d. Lahn - 4. Zivilkammer - vom 27.10.2003 und 28.11.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG zurückverwiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen des LG in den angefochtenen Urteilen wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie bedürfen keiner Änderungen und Ergänzungen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom LG festgestellten Tatsachen begründen und deswegen eine erneute Feststellung gebieten, bestehen nicht. Das Berufungsgericht hatte sie daher seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit Urteilen vom 27.10.2003 (LG Limburg/L, Urt. v. 27.10.2003 - 4 O 114/03) und 28.11.2003 (LG Limburg/L, Urt. v. 28.11.2003 - 4 O 112/03) hat das LG die Klagen mit der Begründung abgewiesen, sie seien mangels vorgängiger Einholung eines Schiedsgutachtens gem. §§ 5 Abs. 1, 19 Abs. 2, 20 des Pachtvertrags der Parteien vom 8.12.1995 derzeit unbegründet.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihren Berufungen. Der Senat hat beide Sachen im Einzelrichtertermin vom 4.8.2004 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin greift die Urteile im Wesentlichen damit an, dass das LG ihr rechtsfehlerhaft keine Frist zur Beibringung der Schiedsgutachten gesetzt habe, und wiederholt im Übrigen zur Frage der Mangelhaftigkeit des Pachtobjekts im Zeitpunkt seiner Rückgabe ihren erstinstanzlichen Sachvortrag unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegten Privatgutachten A. und B.
Nach Erlass der angefochtenen Urteile haben die Parteien sich auf den Sachverständigen Dr. C als Schiedsgutachter geeinigt. Dieser hat den Parteivertretern mit Schreiben vom 22.7.2004 mitgeteilt, dass er keine Möglichkeit sehe, ein Schiedsgutachten auf der Grundlage des Pachtvertrags der Parteien zu erstellen (Bl. 292 d.A. 2 U 5/04).
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Urteile den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.211,39 EUR sowie 26.564,58 EUR, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Er bestreitet die geltend gemachten Ansprüche nach Grund und Höhe und macht insb. geltend, dass die Ersatzansprüche der Höhe nach nicht hinreichend substantiiert seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
II. Die zulässigen Berufungen der Klägerin führen zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache an das LG (§ 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO analog).
Nach dem Schiedsgutachtenvertrag der Parteien vom 18.12.1995 (Bl. 69 d.A. 2 U 254/03) hat der Gutachter bei Meinungsverschiedenheiten in den Fällen des § 20 des Pachtvertrags sein Gutachten "nach freiem Belieben zu erstellen (in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 2 BGB)". Kann oder will der Gutachter, auf den die Parteien sich geeinigt haben, keine Leistungsbestimmung treffen, sieht das Gesetz keine gerichtliche Leistungsbestimmung - etwa nach § 319 Abs. 1 S. 2 BGB - vor. Tritt dieser Fall ein, wird der Schiedsgutachtenvertrag unwirksam (Palandt/Heinrichs, 64. Aufl., § 319 BGB Rz. 9). Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass das Gericht über die Ersatzansprüche des Klägers nach Grund und Höhe - ggf. nach Beweisaufnahme - selbst zu entscheiden hat. In entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verweist das Berufungsgericht die Sache jedoch an das LG zurück.
Die Frage, ob nach dem in zweiter Instanz erfolgten Wegfall der Einrede des Schiedsgutachtenvertrags, die in erster Instanz zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet geführt hat, die entsprechende Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO rechtfertigt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und bislang nicht höchstrichterlich entschieden (bejahend: OLG Frankfurt v. 25.9.1984 - 22 U 232/83, MDR 1985, 150; Baumbach/Albers, 63. Aufl., § 538 ZPO Rz. 11; AK-Ankermann, § 538 ZPO Rz. 13; Walchshöfer in FS für Schwab S. 530, 531; verneinend: Grunsky in Stein/Jonas, Aufl. 1993, § 538 ZPO Rz. 13; Reichold in Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 538 ZPO, Rz. 17; Wieczorek/Gerken, 3. Aufl., § 538 ZPO, Rz. 43; Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, § 538 Rz. 14; Ball in Musielak, 4. Aufl., § 538 ZPO Rz. 23). Der Einzelric...