Entscheidungsstichwort (Thema)
Architektenhaftung: Planungsfehler bei Auswahl der Baustoffe
Leitsatz (amtlich)
Ein dem Architekten zuzurechnender Planungsfehler ist nicht erst dann gegeben, wenn die Planung zwingend die Verwendung brennbarer Werkstoffe vorsieht, sondern bereits dann, wenn sie die nicht fern liegende Gefahr unzulässiger Ausführung birgt. Der Architekt muss bei der Auswahl der Baustoffe den sichersten Weg gehen. Das muss aber nicht nur bei der Auswahl der Baustoffe, sondern auch bei ihrer Beschreibung in der Planung gelten. Wenn danach mehrere Ausführungen in Betracht kommen, muss der Architekt die zulässige festlegen.
Normenkette
BGB §§ 631, 635
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-23 O 249/04) |
Gründe
I. Die Kläger begehren restliches Architektenhonorar i.H.v. 57.405 EUR nebst Zinsen aus einem Vertrag mit der Beklagten zu 1) im Rahmen der Planung des Neubaus eines X-Zentrums in O1. Die Beklagte zu 2) ist persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1).
Das zunächst von den Klägern für das Bauvorhaben vorgesehene Treppengeländer aus Glas musste aus Kostengründen umgeplant werden. Die daraufhin von den Klägern vorgelegte Entwurfsplanung enthielt die Vorgabe "Holzplatte Eiche geschliffen". Die Ausführungsplanung, die die Kläger nur teilweise schuldeten, enthielt die Vorgabe "Holzwerkstoffplatte mit Eiche furniert". Das eingebaute Treppengeländer aus Holzspanplatten wurde wegen Verstoßes gegen Bestimmungen des Brandschutzes bauaufsichtlich beanstandet, woraufhin die Beklagte zu 1) das Geländer durch die Streithelferin zu 1) durch ein zulässiges Geländer austauschen ließ.
Die Beklagten haben gegen den unstreitigen Klageanspruch mit Mängelbeseitigungskosten aufgerechnet. Sie sind der Auffassung, das Architektenwerk sei mangelhaft gewesen, weil die Planung der Kläger die Erfordernisse des Brandschutzes nicht beachtet habe. Daher stehe ihnen ein Anspruch auf Ersatz der Kosten zu, die sie an die Streithelferin zu 1) für den Umbau entrichtet hätten (86.293,50 EUR netto, 100.100,46 EUR brutto). Man habe sich mit dieser auf Zahlung eines Betrages von 86.293,50 EUR geeinigt; das entspricht ¾ des von der Beklagten zu 1) akzeptierten Rechnungsbetrags von 115.058 EUR netto.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass sie nach dem Architektenvertrag nur gestalterische Leitdetails in der Ausführungsplanung geschuldet hätten; das von ihnen vorgegebene Material hätte es auch in einer Ausführung gegeben, die den Erfordernissen des Brandschutzes Rechnung trage. Die Streithelferin zu 1) habe die falsche Ausführung gewählt; deren Sache sei es aber gewesen, eine Ausführung zu wählen, die dem Brandschutz entspreche.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Das LG hat ein Sachverständigengutachten über die behauptete Fehlerhaftigkeit der Planung sowie zur Angemessenheit der Kosten des Umbaus eingeholt. Der Sachverständige hat die Planung in seinem Gutachten vom 14.11.2005 als fehlerhaft angesehen und in seinem zur Schadenshöhe eingeholten Ergänzungsgutachten vom 8.3.2006 (Bl. 416 ff. d.A.) ausgeführt, die Kosten der Mängelbeseitigung seien bis zu einer Höhe von 94.000 EUR netto angemessen. Die Beklagte hat daraufhin erstinstanzlich Widerklage auf Zahlung der Differenz zwischen der Klagesumme und dem an die Streithelferin gezahlten Betrag i.H.v. 100.100,46 EUR brutto erhoben. Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat einen Planungsfehler der Kläger mit der Begründung verneint, dass die nicht vollständig ausdifferenzierte Ausführungsplanung der Kläger die Verwendung brennbaren Materials nicht ausgeschlossen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Gegen das Urteil wendet sich die Streithelferin zu 1) der Beklagten mit dem Antrag, das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 5.4.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen SV1, der seine erstinstanzlich erstatteten Gutachten erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 5.2.2008.
II. Die auf die Stattgabe der Klage beschränkte Berufung der Streithelferin ist zulässig. Sie kann auch ohne die Beklagten (aber für diese) eingelegt werden. Berufungsführerin ist die Streithelferin, die Beklagten sind Hauptpartei des Rechtsmittelverfahrens (Musielak/Weth, ZPO, 5. Aufl., § 67 Rz. 4).
Auch in der Sache hat die Berufung Erfolg.
Der den Klägern aus § 631 Abs. 1 BGB zustehende Anspruch auf restliche Vergütung ist durch Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen. Denn der Beklagten zu 1) stand ein Gegenanspruch aus § 635 a.F. BGB auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten mindestens in Höhe der Klageforderung zu.
Die Planungsleistung der Kläger weist Mängel auf, die deren Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen Gebrauch mindern, § 633 Abs. 1 a.F. BGB...