Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz für Modeschmuck
Leitsatz (amtlich)
1. Schmuckstücke sind Gebrauchsgegenstände und können als Werke der angewandten Kunst schutzfähig sein, wenn sie persönliche geistige Schöpfungen darstellen (§ 2 I Nr. 4 UrhG).
2. Die den Urheberrechtsschutz begründende Eigentümlichkeit einer modischen Halskette kann ggf. lediglich aus der konkreten Anordnung der Einzelelemente im Zusammenspiel mit der konkreten farblichen Gestaltung abzuleiten sein. Der Schutzumfang eines derart urheberrechtsfähigen Modeschmucks kann hinter dem wettbewerbsrechtlichen Schutzumfang wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung zurückbleiben.
Normenkette
UrhG §§ 2, 97; UWG § 4 Nr. 3a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 14.12.2017; Aktenzeichen 2-03 O 96/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 14.12.2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-03 O 96/16) werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 240.000 EUR.
Gründe
I. Die Parteien vertreiben seit vielen Jahren selbst gestalteten und hergestellten Modeschmuck. Sie streiten um urheber- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen der Nachahmung verschiedener Halsketten, Armreifen und Ringe aus der sog. "X - Kollektion" der Klägerin durch Modelle der Serien 1 und 2 der Beklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 I ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main verwiesen. Zu ergänzen ist lediglich, dass beide Parteien ihre Produkte auch über den stationären Schmuckhandel vertreiben. Die Beklagte hat einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt, den das Landgericht durch Beschluss vom 21. 2. 2018 abgewiesen hat (Bl. 534 ff. d. A.).
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte auf die hilfsweise geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3 lit. a UWG) zur Unterlassung des Anbietens der im Urteilstenor abgebildeten Schmuckketten, zur Auskunftserteilung über Umsatz und Gewinn sowie der Vertriebswege, zur Schadensersatzzahlung und zur Erstattung von Abmahnkosten verurteilt. Die in der Hauptsache geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche seien dagegen nicht begründet. Dazu hat das Landgericht folgendes ausgeführt:
Die als erstrangiger Schutzgegenstand herangezogene Halskette gem. Ziffer k (i) genieße zwar Schutz als angewandte Kunst gem. § 2 I Nr. 4 UrhG, weil sie eine Gestaltungshöhe aufweise, die es aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise rechtfertige, von einer "künstlerischen Leistung" zu sprechen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um Modeschmuck handle, der dem Gebrauch diene. Die Schöpferin dieses Schmuckstücks habe nämlich durch die konkrete Gestaltung den ihr insoweit noch eröffneten Gestaltungsspielraum in künstlerischer Weise ausgenutzt. Allerdings sei der Schutzumfang der Klagegestaltung eng, weil die Eigentümlichkeit lediglich in der konkreten Anordnung der Einzelelemente in Zusammenspiel mit der konkreten farblichen Gestaltung liege. Die Beklagte habe durch eine Vielzahl von Abweichungen bei den angegriffenen Mustern diesen Schutzumfang verlassen, so dass von einer Schutzrechtsverletzung nicht auszugehen sei.
Die auf ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz (§ 4 Nr. 3a UWG) gegründeten Unterlassungs- und Folgeansprüche hätten dagegen Erfolg, weil deren Schutzumfang anders zu bestimmen sei, als derjenige der urheberrechtlichen Ansprüche.
Der Gestaltung der Klagemuster komme wettbewerbliche Eigenart zu. Diese ergebe sich aus der konkreten Gestaltung und Kombination der verschiedenen Einzelelemente (LGU S. 24 oben). Die Beklagte habe nicht darlegen können, dass die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerin durch den vorbekannten Formenschatz und durch das im Verletzungszeitpunkt existierende Marktumfeld gar nicht entstanden oder später untergegangen oder geschwächt worden sei. Die Gestaltungen der Produkte der Klägerin hätten hinreichende Verkehrsbekanntheit erlangt.
Der Schutzumfang sei zwar eng, gehe aber weiter als der durch den individuellen schöpferischen Charakter geprägte urheberrechtliche Schutz. Die Beklagte habe die Produkte der Klägerin in unlauterer Weise nachschöpfend nachgeahmt und durch Ü...