Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz für Uhrenmodell nach Vertriebseinstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Für ein wettbewerblich eigenartiges Erzeugnis kommt ein wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz auch nach Einstellung des Vertriebs in Betracht, solange das Erzeugnis im Verkehr noch über eine gewisse Bekanntheit verfügt. Dies kann bei einem hochpreisigen Uhrenmodell, das über längere Zeit in nicht unerheblicher Zahl angeboten und verkauft worden ist, auch für einen Zeitraum von mehreren Jahren nach Vertriebsende zu bejahen sein.
2. Wird in dem in Ziffer 1. genannten Fall das Uhrenmodell nahezu identisch nachgeahmt, liegt eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung (§ 4 Nr. 3b UWG) auch dann vor, wenn das nachgeahmte Modell mit einem anderen Wortzeichen versehen ist als das Originalmodell.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.11.2016; Aktenzeichen 2-3 O 526/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 17.11.2016, Az. 2-03 O 526/15 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche wegen behaupteter Nachahmung eines Uhrenmodells unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes. Die Klägerin ist ein Schweizer Unternehmen. Sie stellt Uhren des gehobenen Preissegmentes her und vertreibt diese in Deutschland, so unter anderem auch die streitgegenständliche "A".
Die Beklagte bewarb im Jahr 2015 die auf Bl. 18 der Klageschrift dargestellte schwarz-goldene bzw. schwarz-silberne Uhr mit goldener Aufschrift unter der Bezeichnung "B", die die Klägerin als rechtsverletzend angreift.
Die Ausgestaltung der Produkte lässt sich folgender Gegenüberstellung entnehmen:
((Abbildung))
Das Landgericht hat durch Urteil vom 17.11.2016, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagte bis auf einen kleinen Teil der Zinsforderung hinsichtlich der Abmahnkosten antragsgemäß zur Unterlassung, Auskunft und Abmahnkostenersatz verurteilt und die Schadensersatzpflicht festgestellt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, da nicht entscheidend sei, ob die Parteien Uhren in unterschiedlichen Preissegmenten anböten. Das Uhrenmodell weise auch eine wettbewerbliche Eigenart auf, die nicht durch dritte Produkte geschwächt sei. Eine entsprechende Darlegung der Schwächung sei der Beklagten nicht gelungen. Das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform sei unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig. Es liege eine nahezu identische Nachahmung vor. Auch die Anbringung einer "B" stehe der Herkunftstäuschung nicht entgegen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie trägt vor, mit dem streitgegenständlichen Modell der "A" habe die Klägerin aufgrund eines Modellwechsels im Jahr 2015 nur noch 159 Uhren nach Deutschland vertrieben und im Jahr 2016 bis Mai noch 25 Stück. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Parteien Mitbewerber seien. Diese seien nämlich nicht in demselben Bereich des Uhrenmarktes tätig: Die Beklagte biete Uhren im Bereich von 20-40 EUR an, während die Klägerin ihre Uhren in einem höherpreisigen Segment anbiete, das auch nur über Juwelierfachgeschäfte angesprochen werde. Weiterhin fehle es an einer wettbewerblichen Eigenart. Die Klägerin habe insoweit nur ältere Belege aus den Jahren 2001-2008 vorgelegt. Die Beklagte haben im Übrigen die Umsätze bestritten. Ihr vorgelegter Formenschatz bis zum Jahr 2008 stehe der Annahme einer wettbewerblichen Eigenart entgegen. Jedenfalls fehle es an einer Nachahmung. Die angegriffene Ausführungsform der Beklagten weise nicht den für das Modell der Klägerin typischen harmonischen Übergang zwischen den Kettengliedern auf. Weiterhin nehme der Verkehr auch erhebliche Unterschiede im Ziffernblatt wahr. Das Armband sei grobschlächtiger und der Verschluss in Gegensatz zum Modell der Klägerin abtrennbar. Auch in der Seitenansicht erkenne der Verkehr erhebliche Unterschiede, da das Modell der Klägerin dünner sei. Schließlich sei auch die unterschiedliche Qualität der Uhren zu berücksichtigen sowie die Tatsache, dass die Beklagte die "B" angebracht habe.
Die Beklagte beantragt:
das am 17.11.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (2-03 O 526/15) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wi...