Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Nennung des Namens eines verurteilten Straftäters in einem Buchartikel über Kriminalfälle zulässig ist.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004; GG Art. 1-2, 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-03 O 568/06) |
Gründe
I. Der Verfügungskläger (nachfolgend: Kläger) wendet sich im Wege der einstweiligen Verfügung gegen ein Kapitel in dem von dem Verfügungsbeklagten (nachfolgend: Beklagter) verlegten Taschenbuch "Die ...", das von A. als Begleitbuch zu der Fernsehreihe der Q "Die ..." herausgegeben wurde. Das Buch erschien im Jahr 2003 als Taschenbuchausgabe des ursprünglich 2001 veröffentlichten Hardcover-Buchs mit gleichem Titel, das der Y-Verlag verlegt. Auf S. 250-274 dieses Taschenbuchs wird unter namentlicher Nennung des Klägers über den Mordfall D berichtet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 120-122 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat dem beklagten Verlag mit Beschlussverfügung vom 18.8.2006 strafbewehrt untersagt, das Taschenbuch zu vertreiben, anzubieten oder im Vertrieb vorrätig zu halten, soweit dort über den Kläger im Zusammenhang mit dem Mord an D unter vollständiger, identifizierender Namensnennung berichtet wird. Auf den Widerspruch des Beklagten hat es die einstweilige Verfügung durch Urteil vom 12.12.2006 mit der Begründung bestätigt, die beanstandete Berichterstattung verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.
Die angegriffene Namensnennung in dem Buchartikel des Beklagten sei bereits zum Zeitpunkt des Erscheinens im Jahr 2003 nicht zulässig gewesen. Die Ausstrahlung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit ließe es nicht zu, dass die Kommunikationsmedien sich über die aktuelle Berichterstattung hinaus zeitlich unbeschränkt mit der Person eines Straftäters und seiner Privatsphäre befassen. Als maßgeblicher Orientierungspunkt für die nähere Bestimmung der zu ziehenden zeitlichen Grenze sei das Interesse an der Wiedereingliederung des Straftäters in die Gesellschaft zu nennen. Nach der Güterabwägung sei im Einzelfall wegen des seit der Verurteilung verstrichenen Zeitraums trotz der Schwere der Tat die Nennung des Namens eines Straftäters nicht gerechtfertigt, wenn für die Berichterstattung kein aktueller Anlass bestehe. Ein solcher aktueller Anlass habe hier nicht vorgelegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich nicht um ein andauerndes Strafverfahren von 1991 bis 2005, da zwischen Erkenntnisverfahren und Wiederaufnahmeverfahren zu unterscheiden sei. Zudem sei 2003 das erste Wiederaufnahmeverfahren rechtskräftig abgeschlossen gewesen und das zweite noch nicht anhängig gemacht worden.
Der Pressefreiheit des Beklagten habe bereits im Zeitpunkt der Veröffentlichung das Resozialisierungsinteresse des Klägers entgegengestanden. Einer Identifizierung habe es zur zusammenhängenden Darstellung des Tatgeschehens, der Ermittlungen und der Täters nicht bedurft.
Etwas anderes folge auch nicht aus dem eigenen Verhalten des Klägers ggü. den Medien. Die namentliche Erwähnung der Kläger auf der homepage des damaligen Verteidigers sei nicht im Rahmen der Mandatsausübung erfolgt. Eine eventuelle konkludente Einverständniserklärung des Klägers habe sich auf die Berichterstattung über konkrete Wiederaufnahmeverfahren beschränkt und Zeitpunkte nach dem relevanten Erschienungsjahr 2003 betroffen.
Dem Beklagten sei auch keine Aufbrauchfrist zu bewilligen. Eine solche komme nur ausnahmsweise in Betracht. Auch sei es drei Jahre nach Erscheinen der Restauflage dem Beklagten zumutbar, die unzulässigen Teile zu schwärzen oder mit einem korrigierten Text zu überkleben.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 122-126 d.A.) wird verwiesen.
Gegen dieses ihm am 22.12.2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 18.1.2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Fristverlängerung mit einem am 22.3.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Er weist zunächst darauf hin, dass er sich ggü. dem Kläger bereits vor Erlass der einstweiligen Verfügung unter Vertragsstrafeversprechen unbedingt verpflichtet habe, keine weiteren Exemplare des Buches "Die ..." auszudrucken und aufzubinden. Da der Kläger in diesem Umfang bereits geschützt sei, habe kein Anspruch auf eine darauf gerichtete einstweilige Verfügung bestanden.
Auch die einstweilige Verfügung im Hinblick auf die Restexemplare sei unbegründet.
Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei so lange gegeben, wie Verfahren vor öffentlichen Gerichten geführt würden, die den Mord an D zum Gegenstand hätten. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses des Buches, das 2001 in seiner Hardcoverauflage erschienen sei, sei das erste Wiederaufnahmeverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen. Dementsprechend laute der Schluss des Kapitels "...". Aktueller habe damals nicht berichtet werden können. Der Kläger habe zudem jede Gelegenheit genutzt, die Presse über sein Verfahren informiert zu halten. Soweit sein Strafverte...