Leitsatz (amtlich)
Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland sind OEB als Rechtspersonen erloschen.
Normenkette
Einigungsvertrag §§ 3, 8
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 337/04) |
Gründe
I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Klärung der Rechts- und Vermögensverhältnisse an dem belletristischen Verlagsunternehmen B. Der Kaufmann A aus 01 hat als sich so bezeichnender Alleingesellschafter der Klägerin dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin Vollmacht erteilt. Wegen des Klagebegehrens, des Widerklagebegehrens und des Sachverhaltes wird in vollem Umfang auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen. Das LG hat Klage und Widerklage als unzulässig abgewiesen, weil die Klägerin bereits vor Klageeinreichung nicht mehr existent und damit auch nicht parteifähig i.S.v. § 50 ZPO gewesen sei. Auf die Frage, ob sie nach damaligem Recht der DDR wirksam in eigenen volkseigenen Betrieb überführt worden sei, komme es nicht an, denn jedenfalls sei im Jahre 1955 nach dem Recht der DDR eine Umwandlung der B-GmbH in einen organisationseigenen Betrieb (OEB) erfolgt. Als solcher sei die Klägerin mit der Wiedervereinigung am 3.10.1990 untergegangen, da das Recht der Bundesrepublik Deutschland eine solche Rechtsform nicht kenne und diesbezüglich eine Übergangsregelung im Einigungsvertrag nicht vorgesehen sei. Die Umwandlung der B GmbH in einen OEB sei im Jahre 1955 mit Wissen und Wollen ihrer damaligen Alleingesellschafterin, des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (kurz: Kulturbund), erfolgt. Das ergebe sich - auch wenn sonstige Unterlagen fehlten - aus der die beabsichtigte Umwandlung betreffenden Korrespondenz des Jahres 1954 und zwar vor allem mit ausreichender Klarheit aus dem Schreiben des Geschäftsführers C der B GmbH an das Druckerei und Verlagskontor vom 14.1.1955 und dem Schreiben des damaligen Präsidenten des Kulturbundes und Kulturministers der DDR, D, an den B vom 23.2.1955. Danach hätten die Verantwortlichen die Gründung des Verlags als GmbH von vornherein nur als Übergangszustand bis zur Bildung der juristischen Formen für volkseigene und organisationseigene Betriebe in der DDR verstanden. Im Januar 1955 sei die Finanzwirtschaft des Verlags bereits den Vorschriften über volkseigene Betriebe angepasst worden und die vom Kulturbund beschlossene Umwandlung in einen OEB sei nur noch zu vollziehen gewesen. Anlass für Zweifel daran, dass das Schreiben des damaligen Präsidenten - D ohne Einverständnis der zuständigen Gremien des Kulturbundes abgefasst worden sei, bestünden nicht, zumal der Geschäftsführer der B GmbH nach dem Erhalt dieses Schreibens die notwendigen Schritte für die Löschung der B GmbH im Handelsregister B des AG O2 (HRB Nr. ...) und die Eintragung des Verlags im Register C des Magistrats von O3 (HRC ...) veranlasst habe. Er habe mit Schreiben vom 25.3.1955 die Eintragung des Verlags als einen den volkseigenen Betrieben gleichgestellten Betrieb in das Handelsregister der volkseigenen Wirtschaft (Handelsregister C) und ihre Löschung im Handelsregister B beantragt. Der Vollzug sei am 5.4.1955 im Handelsregister C bzw. 20.4.1955 im Handelsregister B erfolgt. Auf die Frage, ob das in der DDR vormals noch geltende Umwandlungsrecht eingehalten gewesen sei, komme es nicht entscheidend an, denn maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit des Vorgangs sei das tatsächlich geltende Recht, d.h. die in der DDR damals maßgebliche Zielsetzung der Schaffung einer einheitlichen Leitung von Verlagswesen und Buchhandel unter staatlicher Kontrolle.
Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihre Berufung im Verlauf des Rechtsstreits zurückgenommen, so dass das abgewiesene Widerklagebegehren, nämlich die Feststellung, dass die Beklagte die nach dem Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) vom 17.6.1990 im Wege formwandelnder Umwandlung des volkseigenen Betriebes B entstandener Rechtsnachfolgerin der Klägerin ist, nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.
Die Klägerin, die ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter verfolgt, rügt folgendes:
Der Tatbestand des angegriffenen Urteils bezeichne es zu Unrecht als streitig, ob der Entwurf eines Statuts für die künftige rechtliche Stellung des B vom 10.1.1961 (Anlage K 100, Bl. 250-253 d.A.) vom Präsidenten des Kulturbundes und vom Hauptdirektor des staatlichen Druckerei- und Verlagskontors unterschrieben worden sei. Denn die Klägerin habe nach anfänglichem Bestreiten der Beklagten umfänglich richtig gestellt, dass hier ein nicht unterschriebener Entwurf vorgelegen habe und die Streitverkündete sei dem nicht mehr entgegengetreten. Die Feststellungen des LG zum Beschluss des Politbüros der SED zum 31.7.1962 (Anlage K 26) seien dahin zu ergänzen, dass das Eigentum des Kulturbundes nicht in Frage gestellt worden sei. Außerdem sei die SED/PDS nicht Eigentümerin des B gewesen, sondern habe sic...