Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufsichtspflicht im Freigelände einer Kindertagesstätte (Steine werfende Kinder)
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Beweis des ersten Anscheins bei Schäden durch Steine werfende Kinder
2. Auch auf eine Aufsichtspflichtverletzung im Rahmen des § 839 BGB findet die Beweislastregel des § 832 BGB Anwendung (Anschluss an BGH, Urt. v. 13.12.2012 - III ZR 226/12, BGHZ 196, 35)
3. Zu den Anforderungen an die Aufsicht im Außenbereich einer Kindertagesstätte
4. Einzelfall, in dem der Beweis geführt wurde, der Aufsichtspflicht genügt zu haben.
Normenkette
BGB §§ 832, 839; GG Art. 34; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 22.02.2013; Aktenzeichen 3 O 321/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.2.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Gießen wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sach- und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das LG ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch auf Ersatz von Schäden an seinen beiden Fahrzeugen aufgrund von Steinwürfen von Kindern aus der von der Beklagten betriebenen Kindertagesstätte "A" nicht zusteht. Diese Entscheidung beruht weder auf einem Rechtsfehler, noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Die Zurückweisung der Berufung schließt die Abweisung der in der Berufungsinstanz erfolgten Klageerweiterung um eine weitere Schadensposition ein.
A. Es braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob der Kläger einen ihm entstandenen Schaden überhaupt schlüssig dargelegt hat. Zwar hat der Kläger nach dem Beweis des ersten Anscheins bewiesen, dass die Kinder am ... 06.2012 mit den von ihnen aus kurzer Entfernung auf die beiden Autos geworfenen Steinen von Kieselsteingröße diese auch getroffen haben. Dass diese Steinwürfe auch Schäden an den Autos des Klägers verursacht haben, könnte im Wege des Beweises des ersten Anscheins nur angenommen werden, wenn feststünde, welche Schäden an den Fahrzeugen des Klägers entstanden sind. Insoweit fehlt es an einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers.
Der Sachvortrag erster Instanz enthält hierzu überhaupt nichts. Aus der Beschreibung in den vom Kläger für die beiden Fahrzeuge vorgelegten Kostenvoranschlägen, welche Arbeiten auszuführen seien, lassen sich Art und Umfang der Beschädigung nicht entnehmen. Zwar hat der Kläger nunmehr in zweiter Instanz ein Schadensgutachten vorgelegt, in dem auch Lichtbilder über Schäden an den Fahrzeugen enthalten sind. Diese Lichtbilder sind aber erst bei der Besichtigung der Fahrzeuge durch den Privatgutachter am 26.11.2013 angefertigt worden, so dass sich die Frage stellt, inwieweit diese Bilder geeignet sind, einen Schaden, der bereits am ... 06.2012 entstanden sein soll, schlüssig darzulegen.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2014 weitere 40 Bilder, geklebt auf 8 DIN A 3-Bögen, hat vorlegen lassen, behauptet er, diese Bilder seien von seiner Ehefrau am 15.6.2012 mit dem Handy gefertigt worden. Die Qualität dieser Bilder ist überwiegend nicht so, dass sie aus sich selbst erklärend einen bestimmten Schaden erkennen lassen. Teilweise locker aufgeklebte gelbe Post-it-Marker erklären nur unzulänglich, was genau dort jeweils abgebildet werden soll. Soweit dem Sachvortrag des Klägers entnommen werden soll, dass diese Bilder die am ... 06.2012 verursachten Schäden beschreiben sollen, stellt die Bezugnahme auf eine derartige, sich unstrukturiert darstellende Bildersammlung keinen schlüssigen Sachvortrag zu den vom Kläger geltend gemachten Schäden dar.
Der Senat zögert, ob die Hinweispflichten nach § 139 ZPO so weit gehen, dass das LG und nunmehr der Senat hier auf die fehlende Schlüssigkeit des Sachvortrags zum Schaden hätten hinweisen müssen, nachdem dieser Punkt geradezu offensichtlich war und überdies jedenfalls im Urteil erster Instanz angesprochen worden ist. Dies kann aber dahinstehen, da ein Anspruch des Klägers aus anderen Gründen nicht gegeben ist.
B. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung der Beklagten zu. Denn die Beklagte hat bewiesen, dass im Schadenszeitpunkt die beiden anwesenden Erzieherinnen nicht schuldhaft gehandelt, sondern ihrer Aufsichtspflicht genügt haben.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG zugrunde gelegt, dass die Erzieherinnen der in öffentlicher Trägerschaft stehenden Kindertagesstätte in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig waren und sich eine etwaige Haftung der beklagten Stadt nach Amtshaftungsgrundsätzen gem. Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB richtet. Die dem Aufsichtspersonal obliegende Pflicht, die Kinder auf dem Außengelände der Kindertagesstätte zur Verhinderung von Schäden zu beaufsichtigen, und ebenso die ...