Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung von während der Straftat aufgenommenen Kinderfotos eines Entführungsopfers

 

Leitsatz (amtlich)

Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt. Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 1004; DSGVO Art. 85 Abs. 2; GG Art. 5; KUG §§ 22-23

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom (...), teilweise abgeändert.

Die einstweilige Verfügung - Beschluss - des Landgerichts vom (...) wird hinsichtlich Ziff. I.2 und 3 bestätigt; hinsichtlich Ziff. I.1 wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung des Beschlusses vom (...) wird dahingehend abgeändert, dass die Verfügungsklägerin 4/6 und die Verfügungsbeklagte 2/6 zu tragen hat. Von den weiteren Kosten der ersten Instanz und den Kosten der Berufung tragen die Verfügungsklägerin 3/5 und die Verfügungsbeklagte 2/5.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 25.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin), die 198X im Alter von ... Jahren Opfer einer spektakulären Entführung wurde, (...), begehrt von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden Beklagte) - soweit noch von Belang - im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung von Kinderbildern, die vor und nach der Entführung gefertigt wurden, eines Briefes, den die Klägerin während ihrer Entführung - durch ihre Entführer gezwungen - an einen Vermittler schrieb, und des heimlichen Mitschnitts eines Telefongesprächs der Klägerin im Zusammenhang mit der Übergabe von Lösegeld. Die Lichtbilder, der Brief und der Telefonmitschnitt wurden im Rahmen einer Dokumentation über die Erinnerungen und die Vermittlungstätigkeit des damals in dem Entführungsfall tätigen Vermittlers A gezeigt bzw. wiedergegeben, die von der Beklagten am XX.XX.2017 bei X ausgestrahlt wurde und im Internet abrufbar war.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 218 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom (...) die nach Rücknahme eines Antrags noch begehrte einstweilige Verfügung erlassen und der Beklagten strafbewehrt untersagt,

1. im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Entführung der Klägerin in der Zeit zwischen dem XX.XX.198X bis zum XX.XX.198X die nachfolgend aufgebrachten Bildnisse der Klägerin

a. (Von der Darstellung wird abgesehen - die Red.)

b. (Von der Darstellung wird abgesehen - die Red.)

c. (Von der Darstellung wird abgesehen - die Red.)

jeweils zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, so wie dies im Beitrag "(...)", ausgestrahlt im Sender X am XX.XX.2018 und im Internet unter www.(...).de jeweils geschehen ist;

2. den nachfolgenden aufgebrachten Brief der Klägerin

(Von der Darstellung wird abgesehen - die Red.)

zu veröffentlichen / zu verbreiten und/oder veröffentlichen / verbreiten zu lassen, so wie dies im Beitrag "(...)", ausgestrahlt im Sender X am XX.XX.2018 und wie dies im Internet unter www.(...).de geschehen ist;

3. den Mitschnitt eines Telefongesprächs, in dem die Klägerin geäußert hat

(Von der Darstellung wird abgesehen - die Red.)

zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, so wie dies im Beitrag "(...)", ausgestrahlt im Sender X am XX.XX.2018 und wie dies im Internet unter www.(...).de geschehen ist.

Nach Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil die stattgebende einstweilige Verfügung vom (...) bestätigt.

Zur Begründung hat es hinsichtlich der begehrten Unterlassung der Veröffentlichung der Kinderbilder im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei in dem Filmbeitrag erkennbar. Entgegen der Auffassung der Beklagte liege keine (konkludente) Einwilligung der Klägerin gemäß § 22 S. 1 KUG vor. Etwaige Einwilligungserklärungen der Eltern der Klägerin wirkten nicht zu Lasten der damals minderjährigen Klägerin fort. Eine Einwilligung der Klägerin in die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotographien lasse sich auch nicht dem E-Mail-Verkehr der Klägerin mit der Filmemacherin B im Sommer 2013 entnehmen. Auch aus den Erklärungen des Vermittlers A gegenüber Frau B nach einem Gespräch zwischen ihm und der Klägerin ergebe sich keine Einwilligung der Klägerin in die Veröffentlichung der Fotos.

Die Beklagte könne sich auch nicht zu ihren Gunsten auf die Regelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen. Befasse sich die Wortberichterstattung mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis, dürften von den an diesem Ereignis beteiligten Personen auch Bildnisse veröffentlicht werden, die bei anderer Gelegenheit entstanden sind, wenn sie kontextneutral seien und die Verwendung in dem neuen Zusammenhang keine zusätzliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts bewirke. Hier s...

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