Leitsatz (amtlich)
1. Rechtshandlung des Schuldners bei Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung.
2. Zu den Voraussetzungen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der Kenntnis des Anfechtungsgegners.
Normenkette
InsO §§ 133, 143
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 2 O 99/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.10.2005 verkündete Urteil des LG Wiesbaden - Az.: 2 O 99/05 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.750 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 29.12.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 40 % und der Beklagte 60 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung an ihn geleisteter Beiträge.
Der Insolvenzschuldner führte seit 1987 ein Baugeschäft. Am ...2.2003 stellten sowohl er als auch die A. einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss des AG Frankfurt/M. vom ...5.2003 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des B. bestellt. Der Beklagte hatte bereits im Jahre 2002 wegen offener Beitragsforderungen die Zwangsvollstreckung gegen den Insolvenzschuldner betrieben. In der Zeit vom 19.3.2002 bis zum 12.11.2002 leistete der Insolvenzschuldner Zahlungen an den Gerichtsvollzieher, die entsprechend seinen Vorgaben auf mehrere Gläubiger aufgeteilt wurden. Der Beklagte erhielt hieraus einen Anteil i.H.v. insgesamt 6.226,75 EUR. Mit Schreiben vom 9.12.2004 erklärte der Kläger die Anfechtung dieser Zahlungen.
Er hat behauptet, bereits seit 2001 habe die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners gedroht. Er sei jedenfalls am 1.11.2002 objektiv zahlungsunfähig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätten seine flüssigen Mittel nur noch 0,05 % der fälligen Verbindlichkeiten abgedeckt. Im März 2002 habe der Insolvenzschuldner dem Finanzamt einen Betrag von 29.130,51 EUR geschuldet; Beitragsforderungen der A. hätten zum 23.4.2002 i.H.v. 16.053,25 EUR bestanden. Im März 2002 habe der Insolvenzschuldner seine Zahlungen eingestellt. Der Schuldner habe bereits zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass seine finanziellen Mittel nicht ausreichen würden, um alle Gläubiger zu befriedigen. Mit seinen Zahlungen habe er die Zwangsvollstreckung des Beklagten vermeiden wollen. Dieser habe den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners und die Umstände gekannt, aus denen auf dessen Zahlungsunfähigkeit zu schließen gewesen sei; insoweit sei insb. zu berücksichtigen, dass es dem Insolvenzschuldner über ein Jahr nicht gelungen sei, die Zahlungsrückstände ggü. dem Beklagten auszugleichen. Der Beklagte habe auch gewusst, dass die ihm ggü. ausstehenden Zahlungen nicht die einzigen Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners gewesen seien.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen in erster Instanz wird auf den Tatbestand des am 27.10.2005 verkündeten Urteils (Bl. 126 ff. d.A.) verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zwar seien die Zahlungen des Insolvenzschuldners als Rechtshandlungen zu qualifizieren, da sie letztlich noch auf der Grundlage selbstbestimmten Handelns erfolgt seien. Indes lägen die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden Anfechtungstatbestandes nach § 133 InsO nicht vor. Schon nach dem Vortrag des Klägers könne weder eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Insolvenzschuldners noch eine entsprechende Kenntnis des Beklagten festgestellt werden. Beweiserleichterungen kämen dem Kläger nicht zugute, da die Zahlungen außerhalb des Dreimonatszeitraumes des § 131 InsO lägen und deshalb keine inkongruente Deckung vorliege. Bei einer kongruenten Deckung könne ein Benachteiligungsvorsatz nicht ohne Weiteres angenommen werden. Weder sei festzustellen, dass der Insolvenzschuldner einzelne Gläubiger vor anderen bevorzugt habe noch Gläubiger von der Stellung eines Insolvenzantrages abhalten wollte. Gerade der Umstand, dass der Schuldner seine Zahlungen auf mehrere Gläubiger verteilt habe, spreche gegen einen solchen Vorsatz. Zudem habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte von anderen Gläubigern gewusst habe. Eine solche Kenntnis könne nicht allein aus schleppenden Beitragszahlungen hergeleitet werden. Es sei genauso gut möglich, dass ein Schuldner nur einem Gläubiger ggü. Zahlungsrückstände auflaufen lasse.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er ist der Auffassung, das LG habe die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 InsO rechtsfehlerhaft verneint. Der Insolvenzschuldner habe die aufgeführten Teilzahlungen zur Abwendung der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung und damit in dem sicheren Wissen erbracht, andere Gläubiger zu benachteiligen, denn offensichtlich habe sein Vermögen nicht zur Begleichung aller Schulden ausgereicht. Dadurch habe er zugleich die anteilige Be...