Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wirksamkeit einer Instandhaltungsobliegenheit betreffend Rückstausicherungen in der Wohngebäudeversicherung
Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel, die dem Versicherungsnehmer die Obliegenheit auferlegt, zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen "funktionsbereit" zu halten, verstößt mangels Bestimmtheit gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1; VVG § 1
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 19.04.2021; Aktenzeichen 2 O 330/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 19.4.2021 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.401,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.10.2020 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer weiteren Entschädigung in Höhe von 11.901,34 Euro für einen Wasserschaden wegen Rückstaus aus einer Gebäudeversicherung.
In der vorliegenden Wohngebäudeversicherung, für die die VGB 2011 gelten, sind auch Elementargefahren - u.a. Überschwemmung, Rückstau (Zusatzbedingung: GB 3307) - versichert. Gemäß Ziffer 10 a) GB 3307 (Besondere Obliegenheiten) hat der Versicherungsnehmer zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen anzubringen und funktionsbereit zu halten. Des Weiteren ist nach GB 3304 in Abänderung von § 28 Nr. 3 VGB 2011 ein Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit vereinbart. Auf die VGB 2011 sowie die GB 3304, GB 3307 wird Bezug genommen.
Am 13.3.2019 bemerkten der Kläger und seine Ehefrau im Keller ihres Hauses Feuchtigkeit durch aufsteigendes Wasser, das aus den Abflüssen heraustrat. Ursache war der Ausfall der Rückstausicherung, nämlich der Ausfall der Hebepumpe, die in einem Drainageschacht angebracht war und das Wasser nach außen in den Straßenkanal pumpen sollte.
Der Kläger meldete der Beklagten den Schaden und machte die zur Schadensbeseitigung Kosten geltend. Die Beklagte prüfte die ihr übersandten Rechnungen und nahm eine Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit von 50 % vor.
In einem Ortstermin am 25.6.2019 soll der Kläger - nach Behauptung der Beklagten - gegenüber dem von der Beklagten als Gutachter beauftragten Zeugen A (Bericht Bl. 67 ff d.A. - Bl. 69) und in Anwesenheit des Zeugen B von der Fa. C geäußert haben, dass die vorhandene Rückstausicherung - bestehend aus einer Pumpe nebst Rückstauklappen - seit Errichtung des Hauses im Jahr 2008 noch nie geprüft und gewartet worden sei. Der Kläger hat demgegenüber behauptet, dass er geäußert habe, die Wartung der Rückstausicherung sei niemals durch ein Unternehmen, aber durch ihn persönlich erfolgt. Darüber hinaus hat er sich darauf berufen, dass der Agent der Beklagten - der Zeuge D - ihm gegenüber sowohl vor als auch nach dem Versicherungsfall geäußert habe, dass eine Sichtprüfung der Rückstausicherung durch ihn (den Kläger) ausreichend sei.
Mit Anwaltsschreiben vom 18.9.2019 gab der Kläger jedenfalls an, dass die Rückstausicherung zweimal jährlich durch ihn kontrolliert und getestet worden sei. Am 21.10.2019 fand ein weiterer Ortstermin mit dem Gutachter A und dem Schadensregulierer E statt, bei dem die angebliche Wartung der Rückstausicherung durch den Kläger besprochen wurde.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass der Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung eingreife, da der Kläger versucht habe, durch Falschangaben zur Wartung Einfluss auf die Regulierung zu nehmen. Im Übrigen sei sie allenfalls zur Regulierung des Wasserschadens durch Rückstau in Höhe von 50 % verpflichtet, da der Kläger die Obliegenheit, die Rückstausicherung funktionsbereit zu halten, grob fahrlässig verletzt habe. Der Kläger habe die Rückstausicherung nicht hinreichend nach DIN 1986, Teil 33 gewartet; die Wartung hätte durch einen Fachbetrieb zweimal im Jahr erfolgen müssen. Der Kläger sei nicht einmal in der Lage gewesen, genau anzugeben, welche (angeblichen) Wartungsmaßnahme er überhaupt durchgeführt habe.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A, B, E und F. Des Weiteren hat es den Kläger persönlich angehört.
Durch Urteil vom 19.4.2021 - auf dessen Inhalt (Bl. 175 ff d.A.) wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird - hat es sodann die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte sei zur Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung berechtigt, da der Kläger die zur Rückstausicherung gehörende Hebepumpe nie kontrolliert habe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er rügt eine fehlerhafte Beweiswürdigung sowie eine unvollständige Beweiserhebung und unzutreffende Rechtsanwendung.
Der Kläger beantragt,
das ...