Leitsatz (amtlich)
Zur Wettbewerbswidrigkeit der Werbeaussage: "Die ZEIT ist als Nr. 1 der deutschen Qualitätszeitungen automatisch das Pflichtblatt der Elite."
Normenkette
UWG §§ 3, 5-6
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen 2-6 O 249/04) |
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 88 ff. d.A.) in der durch den Beschluss des LG vom 16.12.2004 (Bl. 127 f. d.A.) nach § 319 ZPO berichtigten Fassung wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Aussage "Die ZEIT ist als Nr. 1 der deutschen Qualitätszeitungen automatisch das Pflichtblatt der Elite", wie aus der Anlage K 1 ersichtlich, zu werben oder durch Dritte Werbung treiben zu lassen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die beanstandete, aus der Anlage K 1 (Bl. 11 d.A.; Farbkopie: Anlage B 11/Bl. 170 d.A.) ersichtliche, Werbung beinhalte einen nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG unzulässigen Werbevergleich, da dieser sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung beziehe. Zwischen Wochenzeitungen und Tageszeitungen bestehe keine Substituierbarkeit. Daran ändere der von der Beklagten verwendete Begriff der "Qualitätszeitung" nichts, da er für den angesprochenen Kreis der Werbefachleute keine Warengruppe schaffe, der die "ZEIT" als Wochenzeitung und die FAZ als Tageszeitung gleichermaßen zugeordnet werden könnten. Außerdem sei die angegriffene Werbeaussage irreführend, da die Beklagte eine Spitzenstellung in Anspruch nehme, ohne ggü. den Mitbewerbern einen deutlichen Vorsprung vorweisen zu können, der die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit biete. In diesem Zusammenhang beziehe sich die Spitzenstellungsbehauptung auf den Leserbereich der "Elite". Die Darstellung und der Nachweis einer solchen Spitzenstellung seien der Beklagten nicht gelungen.
Gegen das Urteil des LG wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und bekräftigt ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die beanstandete Werbung ist nicht wettbewerbswidrig; insb. liegt kein Verstoß gegen § 3 i.V.m. § 5 oder § 6 Abs. 2 UWG vor.
In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ist zunächst festzuhalten, dass die Klägerin mit ihrem Klageantrag, so wie sie ihn formuliert hat, die in der Werbeanzeige (Anlage K 1) enthaltene Spitzenstellungsbehauptung angreift, wobei diese Behauptung in dem aus der Anzeige ersichtlichen Kontext zu würdigen ist.
Der Streitgegenstand erstreckt sich somit nicht auf die Frage, ob sonstige Elemente der Werbeanzeige, wie etwa der herausgestellte Werbeslogan "Mit der ZEIT landen Sie direkt auf dem Schreibtisch der Elite" oder die Aussage "Spitzenposition ausgebaut" wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sind. Ebenfalls zutreffend hat das LG festgestellt, dass sich die beanstandete Anzeige an Werbefachleute bzw. potentielle Inserenten und nicht an mögliche Käufer und Abonnenten wendet. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Werbeanzeige ("An alle, die ein besonders konsumaktives, meinungsbildendes Publikum erreichen wollen ...") und aus dem Erscheinen der Anzeige in der Zeitschrift "werben & verkaufen". Diese Zeitschrift wendet sich gemäß ihrer Eigenwerbung an "Entscheider aus Marketing Kommunikation und Werbung" (Anlage B 2/Bl. 48 f. d.A.). Dem Umstand, dass gelegentlich auch Rechtsanwälte die Zeitschrift "w & v" abonnieren oder Empfänger eines Freiexemplars sein mögen, hat das LG mit Recht keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Der Senat ist, obwohl seine Mitglieder nicht zu den durch die beanstandete Werbung angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aufgrund der durch die ständige Befassung mit Wettbewerbssachen erworbenen Erfahrung gleichwohl in der Lage, das hier maßgebende Verkehrsverständnis, soweit es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Bedeutung ist, selbst einzuschätzen. Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass die angesprochenen Fachkreise für die Beurteilung der Werbeangabe über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, die die Gefahr einer Irreführung begünstigen könnten.
Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 3 Nr. 1 UWG liegt nicht vor. Der Werbevergleich der Beklagten erfüllt die gesetzlichen Anforderungen, insb. bezieht er sich auf "Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung".
Die Begriffe des "gleichen" Bedarfs und "derselben" Zweckbestimmung dürfen nicht zu eng verstanden werden, da sonst der Anw...