Entscheidungsstichwort (Thema)
"Kostenlos verteilte Zeitung"; Werbung mit Auflagenhöhe
Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt ein kostenlos verteiltes Anzeigenblatt bei einem Auflagenvergleich mit herkömmlichen Tageszeitungen eine Spitzenstellung in Anspruch, muss zur Vermeidung einer Irreführung klargestellt werden, dass es sich bei dem beworbenen Spitzenprodukt um eine Gratiszeitung handelt.
2. Eine Werbung mit Spitzenstellungsbehauptungen muss einer Überprüfung auf ihre sachliche Richtigkeit hin zugänglich sein. Das bedeutet aber nicht, dass bereits in der Werbung selbst die Quellen, aus der die Spitzenstellungsbehauptung hergeleitet wird, immer genannt werden müssen (Abgrenzung zu BGH v. 21.3.1991 - I ZR 151/89, MDR 1991, 739 = GRUR 1991, 679 - Fundstellenangabe).
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1-2, § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 13.10.2005; Aktenzeichen 31 O 289/05) |
Tenor
I. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten wird das am 13.10.2005 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 289/05 - teilweise wie folgt abgeändert:
Die Klage wird weiter abgewiesen, soweit die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die "P. Sonntagszeitung" als die "auflagenstärkste Zeitung der Region" zu bewerben/bewerben zu lassen, wie dies in den nach Maßgabe der im Tenor des abgeänderten Urteils zu Ziff. I.3 eingeblendeten Ausdrucke aus dem Internet geschieht.
II. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Klägerin zu 1/6 und die Beklagte zu 5/6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die jeweils gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des Unterlassungstitels (Ziff. I.5 des Urteils des LG) 25.000 EUR. Bei einer Vollstreckung aus dem Kostenerstattungstitel hat die Schuldnerin eine Sicherheit i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages zu leisten, die Gläubigerin i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Zeitungsverleger im P. Raum. Die Klägerin ist Herausgeberin mehrerer Tageszeitungen für die Stadt P. und deren Umgebung, u.a. der "Neuen P. Zeitung". Die Beklagte gibt die kostenlos verteilte und am Sonntag erscheinende "P. Sonntagszeitung" heraus.
Die Klägerin beanstandet im vorliegenden Rechtstreit wie im Übrigen in einer Reihe von Parallelverfahren einzelne Aussagen der vornehmlich an Anzeigenkunden gerichteten Eigenwerbung der Beklagten unter mehreren Aspekten als irreführend.
Das LG hat der Klage, mit welcher fünf Aussagen jeweils in der konkreten Verletzungsform angegriffen worden waren, mit Urteil vom 13.10.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, unter Bejahung einer Irreführungsgefahr bzw. unter dem Aspekt der unzulässigen vergleichenden Werbung insgesamt stattgegeben und die von der Beklagte erhobene (Feststellungs-)Widerklage als unzulässig abgewiesen.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel nur, soweit sie zur Unterlassung der im Tenor des angegriffenen Urteils zu Ziffern I.2., 3. und 5 aufgeführten Einzelaussagen - jeweils in der dort eingeblendeten konkreten Verletzungsform - verurteilt worden ist, nämlich
2. mit Einzel-Ergebnissen aus der "Medienanalyse 2004 P. Sonntagszeitung" zu werben/werben zu lassen;
3. die "P. Sonntagszeitung" als die "auflagenstärkste Zeitung der Region" zu bewerben/bewerben zu lassen, wie dies in den nachfolgend eingeblendeten Ausdrucken aus dem Internet geschieht: ...
5. mit Blick auf die "P. Sonntagszeitung" mit der Behauptung zu werben/werben zu lassen:
"Die Nr. 1 in der Reichweite in und 20 km um P. herum P. Sonntagszeitung"
und/oder
"P. Sonntagszeitung Die Zeitung mit der größten tatsächlich verbreiteten Auflage in und um P. herum",
wie dies in der nachfolgend eingeblendeten Eigenwerbung geschieht: ...
wobei sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Hinweise des Senats den Klageantrag zu 2. (Ziff. I.2. des landgerichtlichen Tenors) zurückgenommen. Im verbleibenden Umfang verteidigt sie das Urteil der Kammer.
II. Die Berufung ist zulässig, in der nach Teilklagerücknahme noch zu entscheidenden Sache indes nur teilweise begründet. Mit Erfolg wendet die Beklagte sich gegen ihre Verurteilung, es zu unterlassen, die von ihr verlegte "P. Sonntagszeitung" in der angegriffenen Internetwerbung als die "auflagenstärkste Zeitung der Region" zu bewerben bzw. bewerben ...