Normenkette
VVG § 22
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.10.2001; Aktenzeichen 2/10 O 14/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrags leistet.
Das Urteil beschwert den Kläger mit 58.287,27 Euro.
Tatbestand
Der Kläger verlangt Zahlung einer Rente aus der bei der Beklagten seit Dezember 1994 bestehenden BUZ-Versicherung. Die Berufsunfähigkeit des Klägers als selbstständiger Fliesenleger und Inhaber einer Innenausbaufirma wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule ist unstreitig. Der Kläger hat deshalb mit Leistungsantrag vom 8.7.1998 Rentenzahlungen verlangt. Die Beklagte hat aufgrund der bei der Prüfung des Leistungsantrags des Klägers vom 8.7.1998 gewonnenen Erkenntnisse den BUZ-Vertrag (ohne die zugleich bestehende Risikolebensversicherung) mit Schreiben vom 25.3.1999 wegen arglistiger Täuschung angefochten.
In dem von dem Kläger am 18.10.1994 ausgefüllten und unterzeichneten Antragsformular der Beklagten hat der Kläger die Frage nach ärztlichen Behandlungen in den letzten fünf Jahren bejaht und auf die Zusatzfrage „wenn ja, wann, weshalb, mit welchem Ergebnis, von welchen Ärzten?” geantwortet:
„Dr. med. L., Februar 1994 Knieprellung (durch Schlittenfahrt)”.
Die Frage: „Leiden oder litten Sie an Krankheiten, Gebrechen, körperlichen Fehlern oder Beschwerden?” hat der Kläger verneint.
Nach einer der Beklagten am 10.3.1999 erteilten Auskunft der AOK S. sind bei dem Kläger u.a. folgende mit ärztlichen Konsultationen verbundene Arbeitsunfähigkeiten wegen folgender Diagnosen vorgekommen (Bl. 45 bis 48 d.A.):
12.6.1989 bis 16.6.1989 Lumbalgie
11.5.1992 bis 15.5.1992 Tendinose SH Zervikal-Syndrom
21.1.1993 bis 29.1.1993 akutes Zervikal-Syndrom
24.3.1993 bis 20.4.1993 Tumor/Hygrom/Lipom
27.1.1994 bis 4.2.1994 Plica-Syndrom Knie beidseits
14.2.1994 bis 18.2.1994 Hoffaitis linkes Kniegelenk
Der Klägerin behauptet, andere Beschwerden und ärztliche Behandlungen als die im Fragebogen von ihm angegeben seien ihm nicht erinnerlich gewesen. Banale Erkältungskrankheiten, Prellungen und Schnittwunden, die vorgekommen seien, habe er als einmalige, folgenlose und abgeschlossene Krankheiten nicht angeben müssen. Die Diagnose Zervikal-Syndrom und Lumbalgie seien ihm von den damals behandelnden Ärzten nicht mitgeteilt worden. Der Kläger hat auch die Gefahrerheblichkeit der nicht angegebenen Beschwerden bestritten.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 130.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.3.1999 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab 1.10.1999 eine vierteljährlich im Voraus zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 2.000 DM jeweils im Voraus zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines jeden Jahres bis zum 1.12.2024 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet unter Vorlage ihrer Risikoprüfungsgrundsätze (Bl. 99) und Antritt von Zeugenbeweis, dass die verschwiegenen Krankheiten und Behandlungen gefahrerheblich seien. Dem Kläger seien die Beschwerden und ärztlichen Behandlungen auch bewusst gewesen. Er habe sie der Versicherung verschwiegen, um sie zum Vertragsschluss zu bewegen.
Das LG hat Beweis erhoben über die Tumor-Behandlung und über die Behauptung, dem Kläger sei die Diagnose „Zervikal-Syndrom” mitgeteilt worden, durch Einholung schriftlicher Aussagen der behandelnden Ärzte. Die Beweisaufnahme hat Folgendes ergeben:
Dr. M. (Bl. 135 d.A.) hat den Kläger einmalig wegen einer bei der Arbeit erlittenen, folgenlosen Brustkorbprellung behandelt.
Dr. B. (in Gemeinschaftspraxis mit Dr. S.) betätigte ein akutes Zervikal-Syndrom mit Schulterblatt-Tendinose und eine Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum 11.5. bis 15.5.1992 (Bl. 142 d.A.). Er führte aus, im „Alltagsgeschäft” würden den Patienten die mit dem allgemeinen Sprachgebrauch vorgetragenen Beschwerden bestätigt, ohne dass lateinische Diagnosen genannt oder erläutert würden.
Dr. L. (Chirurg) berichtet über die sog. Tumor-Erkrankung, es hätten Behandlungen vom 5.2. bis 4.5.1993 stattgefunden (Bl. 144 d.A.). Am 24.3.1993 sei ein Ganglion bzw. Hygrom am 2. Finger der linken Hand entfernt worden. Am 29.3.1993 seien zwei Lipome exstirpiert worden. Am 10.1.1994 bis 4.3.1994 habe er konservativ Behandlungen wegen Kniegelenksbeschwerden beidseits bei dem Kläger vorgenommen. In dieser Zeit sei es zusätzlich zu einer Prellung am rechten Kniegelenk gekommen, die mitbehandelt worden sei. Behandlungen wegen eines Zervikal-Syndroms habe er nicht vorgenommen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat eine arglistige Täuschung verneint, weil e...