Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.01.2007; Aktenzeichen 2-2 O 250/06)

 

Gründe

A.

Der klagende Verbraucherschutzverein verlangt von der beklagten Energieversorgerin, eine in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklausel nicht mehr zu verwenden.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die auf Feststellung gerichtete Hilfswiderklage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils vom 19. Januar 2007 wird verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, nicht aber ihre hilfsweise erhobene Widerklage. Wegen der Einzelheiten ihrer rechtlichen Argumentation wird auf die Schriftsätze vom 30. April 2007 und vom 3. Dezember 2007 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

B.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

I.

Der Kläger kann gemäß §§ 1 UKlaG, 307 BGB von der Beklagten verlangen, dass sie Ziffer 4 der für ihren Vario-Tarif geltenden Vertragsbedingungen nicht mehr verwendet.

1.

Die betreffende Klausel unterliegt als sogenannte Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB.

a.

Zwar sind Vereinbarungen, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht sowie die hierfür geschuldete Vergütung unmittelbar bestimmen, nicht durch Rechtsvorschriften geregelt, sondern Ausdruck der den Parteien eingeräumten Vertragsfreiheit. Preisvereinbarungen für Haupt- und Nebenleistungen enthalten daher - im nicht preisregulierten Markt - keine Änderung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften; somit sind sie gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Februar 2002, MDR 2002, S. 752 ff., [...] Rn. 13 ff., 18; Urteil vom 19. Oktober 1999, NJW 2000, S. 651). Dagegen sind Abreden mit mittelbaren Auswirkungen auf Preis und Leistung, an deren Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann, an den §§ 307 ff. BGB zu messen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005, S. 1717). Dies gilt insbesondere für Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Verwender erlauben, den zunächst vereinbarten Preis über eine Neufestsetzung des Tarifs zu ändern.

Solche Klauseln ergänzen das dispositive Recht, das grundsätzlich von einer bindenden Preisvereinbarung der Parteien ausgeht, und unterfallen daher nicht dem kontrollfreien Raum nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005, S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115).

b.

Ziffer 4 der streitgegenständlichen Vertragsbedingungen enthält keine kontrollfreie Preishauptabrede, sondern eine der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterliegende Preisanpassungsklausel. Der von der Beklagten angebotene Vario-Tarif, der ausweislich der Einleitung der Vertragsbedingungen (vgl. Bl. 24 d. A.) für Leistungen von höchstens 30 Kilowatt und einen jährlichen Strombedarf von bis zu 100.000 Kilowattstunden gilt und den Kunden nach Ziffer 2 der Vertragsbedingungen für mindestens zwölf Monate bindet, sieht eine von der verbrauchten Menge an Kilowattstunden (kWh) abhängige Abrechnung nach unterschiedlichen Tarifen vor. Sowohl der als "Arbeitspreis" bezeichnete Preis pro kWh als auch der monatliche Grundpreis stehen bei Vertragsabschluss fest (vgl. Bl. 109 d. A.). Die streitgegenständliche, mit dem Stichwort "Preisanpassung" eingeleitete Klausel erlaubt es der Beklagten, "die vereinbarten Preise in Anlehnung an die Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes für Tarifkunden variabel" zu halten. Die Regelung ermächtigt die Beklagte, ihre nach dem dispositiven Recht grundsätzlich bindende Preisvereinbarung mit dem Kunden über eine Neufestsetzung des Tarifs nachträglich abzuändern, und ergänzt damit das dispositive Recht.

c.

Die von der Beklagten erstinstanzlich (vgl. Bl. 62 d. A.) vertretene Auffassung, Ziffer 4 ihrer Vario-Tarif-Vertragsbedingungen enthalte eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfreie Preisvereinbarung, ist insoweit unzutreffend. Denn durch die Klausel wird - anders als die Beklagte meint - eine Preisvereinbarung mit dem Kunden nicht ersetzt, sondern vielmehr vorausgesetzt. Zudem unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch Preishauptabreden dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 BGB (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage 2007, § 307 Rn....

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